Zwölf Jahre war er untergetaucht. Nun kehrt Trojan (Mišel Matičević) zurück nach Berlin. Der berufsmäßige Einbrecher braucht einen neuen „Job“. Aber der „Markt“ scheint wie leergefegt, die alten Kontakte haben sich „beruflich“ umorientiert. Luca (Tim Seyfi), dem Trojan noch am ehesten vertraut, hat mit seiner Partnerin Nadja (Anja Schneider) ein Restaurant am Laufen. Und „Job“-Vermittlerin Rebecca (Marie-Lou Sellem), die sich über Trojans mangelnde „Kontaktpflege“ beschwert, macht jetzt in Unternehmensberatung. Trotzdem kann sie die Finger nicht von lukrativen „Nebengeschäften“ lassen. Für einen schwerreichen „Kunden“ will sie ein Gemälde von Caspar David Friedrich stehlen lassen. Für den Coup sind bereits Luca, Chris (Bilge Bingül) und Diana (Marie Leuenberger) an Bord. Trojan könnte einsteigen und relativ einfach 315 000 Euro „verdienen“. Aber da ist auch noch Victor (Alexander Fehling), den Autorenfilmer Thomas Arslan als skrupellosen Mittelsmann des Kunstsammlers ins Drehbuch seines eiskalten, hochspannenden Thrillers geschrieben hat.
„Redselig, wie immer“ spottet Rebecca über Trojans Verschwiegenheit. Der Mann mit dem sprechenden Namen ist ein einsamer Wolf, der geräuschlos ins System eindringt und die vorhandenen Strukturen zu seinen Gunsten nutzt. Sein Pokerface bleibt undurchdringlich, Misstrauen steckt tief in seinen Knochen. Der Verzicht auf Bindungen und Gefühle bildet die Basis von Trojans Geschäft. Darin gleicht er erfolgreichen Geschäftsleuten, die von der Gesellschaft für ehrenwerte Leute gehalten werden, aber in „Verbrannte Erde“ mehr Ähnlichkeit mit Gangstern aufweisen, als ihnen lieb sein dürfte. Ohne dass der Film sie zitieren würde, steht offenbar Bert Brechts Frage Pate: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“
In seinem „Geschäft“ ist Trojan zäh. Über die Jahre habe er sich kaum verändert, sagen seine alten „Kollegen“. Das dürften auch diejenigen bestätigen, die Thomas Arslans Film „Im Schatten“ (2010) gesehen haben, ebenfalls mit Mišel Matičević als Trojan. Der Film ist also eine Fortsetzung, oder auch eine Art Remake, so genau lässt sich das nicht auseinanderdividieren. Denn vieles ist verblüffend ähnlich: der streng minimalistische Stil, die Lakonie, die Anleihen bei Klassikern des Genres wie Jean-Pierre Melvilles „Der eiskalte Engel“ (1967) oder Don Siegels „Der große Coup“ (1973). Warum also die Neuauflage? Offensichtlich geht es dabei darum, was sich alles verändert hat in zwölf Jahren, nicht nur bei Trojan, sondern auch in Berlin und vielleicht sogar in ganz Deutschland.
Die Zeiten sind spürbar härter geworden, die Gesellschaft noch erbarmungsloser, die Existenzbedingungen gerade an den Rändern weitaus prekärer. Thomas Arslan lenkt im Nachfolger-Film zwar auch wieder den Blick auf das „Handwerk“ der berufsmäßigen Qualität, aber noch viel stärker auf die um sich greifende Brutalität. Der nur kurz im Bild erscheinende Sammler verkörpert das beste Symbol für diese Verrohung. Obwohl augenscheinlich im Geld schwimmend, will er den Einbrechern den Lohn für ihre Arbeit vorenthalten – ein Ausbeuter schlimmster Sorte. Das ist das glatte Gegenteil der romantischen Sehnsucht, die Caspar David Friedrichs „Frau vor untergehender Sonne“ verströmt. Aber es ist genau die Kühle, die die diskrete, meist statische oder sanft schwenkende Kamera von Reinhold Vorschneider in präzise gerahmten Einstellungen von den Nicht-Orten Berlins einfängt: Parkdecks, Baustellen, Lagerhallen und Tiefgaragen.
Die Liebe hat eigentlich keinen Platz in dieser Welt. Und doch spürt man gleich zu Beginn die Seelenverwandtschaft, wenn Marie Leuenberger als Diana in ihrem Fluchtfahrzeug sitzt. Die Frau verströmt dieselbe Präzision, Professionalität und Konzentration wie Trojan, der sie ein paar Filmminuten später zum ersten Mal kennenlernen wird. Was sich zwischen den beiden entwickelt oder nicht entwickelt, zählt neben der klassischen Spannung einer Gangstergeschichte zu den schönsten Momenten des Films. Wie auch sonst liegt hier fast alles in den Bildern. Schweigen ist Gold. Nicht nur im kriminellen Milieu. Sondern auch in der Ästhetik in der einst so genannten „Berliner Schule“, deren strenger Stilistik Thomas Arslan auch in seinen Genre-Ausflügen treu bleibt.
„Verbrannte Erde“ erzählt inhaltlich von einem Kunstraub und davon, was bei der Verteilung der Beute alles schief gehen kann. In seiner minimalistischen Filmsprache lässt Autorenfilmer Thomas Arslan aber noch einen ganz anderen Subtext mitschwingen: den von der Verrohung unserer Gesellschaft.