Der Weg ist das Ziel. Nach diesem Motto bereist der ehemalige Plastikrasenfabrikant Georg Weiser (Joachim Król) die Welt, in einem uralten Hippie-Wohnmobil, auf der Suche nach allem, was das Leben einem Witwer jenseits der 60 noch zu bieten hat. Blieb er in einem ersten Anlauf noch im Allgäu stecken (Folge 2), schaffte er es danach immerhin bis nach Gomera (3). Nun verschlägt es ihn nach Kreta, wo Weisers Kinder Gerd (Tristan Seith) und Susanne (Caroline Hanke) ein Familientreffen vorbereiten. Allerdings hadert der grantige Weiser mit derartigen Veranstaltungen noch immer. Das Problem daran sei, dass man dabei die Familie treffe, wirft er den desillusionierten Sprösslingen an den Kopf. Zum Glück für Weiser warten auf den Witwer unter der griechischen Sonne noch andere Begegnungen. Er trifft einen depressiven Schauspieler (August Zirner), der sich „Sokrates“ nennt und entsprechend kleidet. Und er sieht Karin (Leslie Malton) wieder, einst Geliebte für eine Nacht. Für tragikomische Turbulenzen ist also gesorgt im vierten Teil der losen TV-Serie, die ganz auf Hauptdarsteller Joachim Król zugeschnitten ist.
Wird dieser verbiesterte Rabenvater, seinem Namen Ehre machend, irgendwann tatsächlich weiser? Um diese Frage kreisen alle Folgen, seit wir den unzufriedenen Unternehmer als menschenfeindliches Ekelpaket in der Auftaktepisode von 2018 kennenlernten. Eigentlich sollte das Dazulernen nicht schwierig sein, denn wortkarger, verbohrter und beziehungsunfähiger kann der gute Mann ja nicht mehr werden. Andererseits liegt gerade hier die Tücke der Figurenzeichnung. Charakterkopf Georg Weiser war ja als glücklicher Witwer, der den Tod seiner Frau als Befreiung empfindet, genau deshalb so schwarzhumorig komisch, weil er seine Ecken und Kanten so selbstvergessen vor sich hertrug wie den Kasten Bier, der zu seinem einzigen Trost geworden war. Traut man ihm Besserung zu, landet man schnell bei einem weichgespülten Gutmenschen, der sich um Geflüchtete sorgt und seinem Sohn eine schwule Eskapade nicht übel nimmt, wie in der vorhergehenden Folge auf Gomera.
Aber nun, auf Kreta, ist der gute alte Grantler plötzlich wieder da. Er beschimpft seine Kinder als „Wohlstandssolisten“ und beschwert sich über Stasi-Methoden, nur weil sie wissen wollen, wo sich der Papa gerade in der Welt herumreibt und ihm zu diesem Zweck einen Peilsender ins Wohnmobil eingebaut haben. Der Clash der Generationen ist zumindest zu Beginn von Folge 4 so gnadenlos wie eh und je. Das führt zu messerscharfen Dialoggefechten und einem heillosen Durcheinander, weil sich der kunststoffbegeisterte Vater, statt einfach weiterzureisen, plötzlich für ein Öko-Projekt interessiert, das Tochter Susanne zusammen mit dem Griechen Alex (Jasin Challah) aufzieht: Plastikmüll aus dem Meer fischen und zu Baustoffen recyceln. Im Verlauf der Handlung zeigt sich allerdings wieder das grundsätzliche Dilemma. Je vernünftiger Weiser wird, desto abgegriffener geraten die Ratschläge und Weisheiten, die ihm Drehbuchautor Sathyan Ramesh in den Mund legt.
Eine Besonderheit der „Endlich-Witwer“-Serie ist, dass ihre Regisseure von Folge zu Folge wechseln. Dieses Mal drückt Rainer Kaufmann, fast immer Garant für gehobene TV-Unterhaltung, der Inszenierung seinen Stempel auf. Klugerweise vergisst er dabei nicht, die schönsten Ecken von Kreta zu feiern, für die die handelnden Figuren, verstrickt in Vergangenheits-und Gegenwartsbewältigung, gar keine Augen haben. Der Regisseur hält zudem geschickt die Waage zwischen komödiantischen und dramatischen Anteilen, wobei er sich im Zweifel eher für Tempo und Situationskomik entscheidet, ein wenig Slapstick und Körperakrobatik inklusive. Damit wird er dem Stoff vollauf gerecht, denn die ernst klingenden Untertöne darf man getrost als bemühtes Aufklärungsfernsehen und Predigt für die Bekehrten abtun.
Joachim Król betont in Interviews gern, wie sehr ihm die Figur des reisenden Witwers ans Herz gewachsen ist. In ihrer Widersprüchlichkeit ist sie ja auch tatsächlich interessanter und lebensnäher als die Charaktere aus den Krimi- und Herzschmerz-Serien. Trotzdem bleibt abzuwarten, welche Variationen die Stoffentwickler und Drehbuchautoren dem Spagat zwischen Ekelpaket und Gutmensch in Zukunft noch abtrotzen können.
„Endlich Witwer – Griechische Odyssee“ lässt die alten Konflikte zwischen dem Grantler Georg Weiser und seinen Kindern bei einem Familientreffen auf Kreta wiederaufleben. Regisseur Rainer Kaufmann legt den Akzent der Dramödie auf die komischen Anteile. Er setzt auf Tempo und amouröse Verwicklungen.