Was möchte man einmal werden, wenn man groß ist? Wo sieht man sich in 20 Jahren? Was hat es mit der besten Freundin auf sich und ist der beste Freund auch noch in vielen Jahren an erster Stelle? Fragen wie diesen wurden drei Kindern gestellt, während man diese über fünf Jahre hinweg zu ihren sich verändernden Ansichten befragte.
Manche Dokumentationen sind einfach zu einseitig, zu trocken und irgendwie fehlt fast immer dieses gewisse Etwas, um die unterschiedlichsten Themen spannend zu gestalten. Die Regisseure Lilly Engel und Philipp Fleischmann haben sich daher einem etwas anderem Experiment verschrieben, bei dem sie gleich drei Kinder über fünf Jahre hinweg interviewten. Natürlich wollten sie nicht einfach nur eine weitere Dokumentation über dieses Thema drehen, sondern dies ein wenig lebendiger gestalten, woraufhin kurzerhand der Weg zwischen Fiktion und Wirklichkeit gewählt wurde.
Gleich zu Beginn von „Als ich mal Groß war“ sieht man dahingehend zwei Mittdreißiger die zusammen an einem Fluss sitzen und angeln, über das Leben philosophieren und darüber nachdenken, was sie alles in ihrem Leben verpasst haben und ob tatsächlich das eingetreten ist, wie sie sich ihr jeweiliges Leben als Zehnjähriger vorgestellt haben. Die Kamera schwenkt um, plötzlich ist der Zuschauer mitten in der eigentlichen Dokumentation. Wir lernen die drei zehnjährigen Kinder Lucas, Marius und Renée kennen, hören wie sie über ihr Leben berichten und gleichzeitig deren Vorstellung, wo sie sich in fünf bzw. zehn Jahren sehen würden.
Dabei treten vor allem sehr bekannte Rollenbilder zutage, denn wo Lucas und Marius am liebsten bei der Feuerwehr arbeiten würden, sieht sich Renée vielmehr in einem kleinen Blumenladen, wo sie zusätzlich auch ihre Kleider verkaufen kann. Was bis hierhin bestenfalls eine bessere Träumerei ist, wird spätestens beim Thema Geld dann sehr seltsam. Natürlich muss der Mann seine Frau ernähren, natürlich muss dieser das dicke Geld nach Hause bringen und natürlich ist die Frau einzig und allein dafür da, möglich viele Kinder zu gebären. Wo aber haben zehnjährige dieses Weltbild her? Dieser Frage gehen Lilly Engel und Philipp Fleischmann – zum Glück – nicht nach, stattdessen folgt wieder der fiktionale Schwenk in die Zukunft, wo zwei Schauspieler in Form von Lucas und Marius zu sehen sind, wie diese soeben als Feuerwehrmänner eine Katze vom Baum retten.
Das besondere an „Als ich mal Groß war“ sind aber weniger diese Momentaufnahmen, die zweifelsohne sehr unterhaltsam sind, sondern vielmehr der große Bogen zu den späteren Jahren, wo man genau diese drei Kinder zu denselben Fragen interviewt. Plötzlich steht für den jüngeren nicht mehr unbedingt die Feuerwehr an erster Stelle, während der ältere diesem Hobby nach wie vor nachgeht und nicht nur körperlich ordentlich gewachsen ist, sondern auch geistig. Dieser macht sich nun nämlich Sorgen um seine Zukunft, spricht vom Endspurt in der Schule und der bevorstehenden Bewerbungsphase auf eine Berufsausbildung, wodurch die Freundschaft beider Jungen merklich auf der Strecke bleibt.
Beide haben sich zweifelsohne auseinandergelebt, gehen sie doch nicht nur unterschiedlichen Interessen nach, sondern haben sich auch sonst gänzlich unterschiedlich entwickelt. Ganz ähnlich sieht dies mit der kleinen Renée aus, denn wo man eingangs noch davon sprach irgendwann zu heiraten, hat sie sich nun von ihrem damaligen Freund doch merklich auseinandergelebt. Die abschließende Frage, die hier leider unbeantwortet bleibt ist, wäre ein Kontakt zwischen den Kindern tatsächlich aufrechterhalten worden, hätte es diese Dokumentation nicht gegeben?
Mit „Als ich mal Groß war“ präsentieren Lilly Engel und Philipp Fleischmann ein ungewöhnliches Doku-Drama über die Wünsche und Träume dreier Kinder, während sie diese fünf Jahre lang begleiten und die Veränderung der Antworten dokumentieren.