cinetastic.de - Living in the Cinema

Axel der Held

Geschrieben von Peter Gutting am 8. August 2019

Märchen für Erwachsene sind ein heikles Kinogenre. Großes Vorbild ist natürlich „Die fabelhafte Welt der Amélie“. Aber kaum einer der Versuche, an diesen Klassiker anzuknüpfen, kann wirklich überzeugen, auch wenn gerade deutsche Regisseure in jüngster Zeit den Ausflug ins Kindlich-Fantastische mit ernstem Hintergrund wagen. Nach Eric Schmitt mit „Cleo“ scheitert auch Hendrik Hölzemann an der Gratwanderung, für die am ehesten noch die Franzosen ein glückliches Händchen haben.

Merkwürdig sehen die Bäume aus, über die die Kamera fliegt. Langgezogenen grünen Pyramiden gleichen sie, geometrisch konstruierten, abstrakten Symbolen. Dann kommen Häuser ins Bild, sogar Menschen. Und spätestens jetzt ist klar: Das ist alles nicht real, sondern eine Kunstwelt, ziemlich nahe an „Playmobil“ oder vielleicht so, wie manche sich eine Modelleisenbahn in den Keller bauen. Nur dass hier die Lokomotiven, Wagen und Gleise fehlen. Vielmehr hat genau das ins Modell Einzug gehalten, was es auch in der realen Welt gibt: das kleine Dorf, das von König Manne (Sascha Alexander Geršak) beherrscht wird, die Hühnerfarm, in der alle für ihn schuften müssen, und das Spielcasino, in dem nicht nur Axel (Johannes Kienast) sein schwer verdientes Geld wieder an den König verliert. Wie alle hat Axel somit Schulden bei Manne. Schon das hindert ihn, den Helden zu spielen.

Aber auch ohne das fiese Ausbeutungsmodell wäre Axel kein Held. Das liegt einfach nicht in der Natur des verträumten, sanften jungen Mannes, der seine Eltern verloren hat und auf die Unterstützung seiner übergriffigen Tante Vera (Imogen Kogge) angewiesen ist. Und weil Axel eben so ist, wie er ist, braucht er seine Fantasiewelt. Hier, im selbstgebauten Modelldorf, darf er sich stark träumen. Hier erobert er Königin Jenny (Emilia Schüle). Hier besiegt er deren Besitzer, den König, mit Fäusten oder im Kartenspiel, als ob er Superkräfte hätte.

Superkräfte nämlich braucht es, um aus dem holzschnittartig vereinfachten Ausbeutungsmodell auszubrechen. Über die verfügt Axels Nachbar Heiner (Christian Grashof), ein Außenseiter wie er, aber mit der Fähigkeit begabt, Flugbahnen vorherzusehen und mit übersinnlichen Kräften den Jackpot zu knacken. Außerdem hat der deutlich ältere Mann eine Karl-May-Gesamtausgabe im Regal und kennt seinen Winnetou aus dem Effeff. Aber taugt Axel zu seinem „Old Shatterhand“?

Elegant pendeln Inszenierung und Kamera zwischen Realität und Modellwelt, unterscheidbar durch den künstlichen Look der letzteren. Und auch die Grundidee des Films, die nachsichtige Hommage auf den Tagtraum, trägt zumindest die erste halbe Stunde. Aber dann nützt sich die Glorifizierung der Verlierertypen ab, die Handlung dreht sich im Kreis. Das ist verwunderlich, weil sich Regisseur Hendrik Hölzemann nach seinem Abschlussfilm „Kammerflimmern“ (2004) vor allem als Drehbuchautor einen Namen gemacht hat. „Axel der Held“ ist erst der zweite Kinospielfilm unter seiner Regie. Aber weder er noch sein Co-Autor André Bergelt bekommen die inneren Widersprüche der Handlung in den Griff.

Das liegt an der merkwürdigen Spannung zwischen verspieltem Märchen und knallharter Realität. Hätte sich das Drehbuch allein auf die Träumereien eines sympathischen Verlierers verlassen, hätte aus der Figur des Anti-Helden durchaus etwas werden können. Würde man andererseits die Ausbeutungsverhältnisse wirklich ernst nehmen, müsste man die Fantasiewelt etwas zurückdrängen und dürfte vor allem die Figurenzeichnung nicht derart lehrstückhaft zuspitzen. In der jetzigen Fassung taugt die Kapitalismuskritik höchstens als Nachhilfeunterricht für Sechsjährige. Überhaupt drängt sich der Eindruck auf, dass die Handlung am ehesten noch für einen reinen Kinderfilm getaugt hätte. Dazu hätte man lediglich auf einige barbarische Bestrafungsmethoden verzichten müssen, mit denen der schmierige König seine Untertanen bei der Stange hält.

„Axel der Held“ changiert zwischen Märchen, Western, Lovestory, schwarzem Humor und politischer Propaganda. Dabei funktioniert der Film weder als Märchen für Erwachsene noch als Kinderfilm. Trotz einer überzeugenden Leistung des Hauptdarstellers hängt die Handlung zeitweise durch und erweist sich von Anfang an als ziemlich durchschaubar.

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1

Wir vergeben daher 5 von 10 Filmpunkten.

Copyright: WFilm

Kommentare

Keine Kommentare vorhanden.

Mit Facebook Anmelden um zu Posten!

Anmelden

Länge: 90 min

Kategorie: Drama

Start: 15.08.2019

cinetastic.de Filmwertung: (5/10)

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1

Gewinnspiele

Gewinne Kinokarten, BluRays, DVDs,
Fan Packages und mehr!

Gleich mitmachen

Info

Axel der Held

Geschrieben von Peter Gutting

Länge: 90 min
Kategorie: Drama
Start: 15.08.2019

Bewertung Film: (5/10)

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1