In den letzten Jahren versucht die Kirche zurückliegende Missbrauchsfälle systematisch aufzuarbeiten, doch so sehr sich Papst Franziskus auch um Reformen bemüht, verlorenes Vertrauen ist nur sehr schwer wiederherzustellen. Wesentlich weiter als die Kirche ist der Film, denn neben dem sehenswerten Cannes Beitrag „Gelobt sei Gott“, versuchte Drehbuchautor Geoff Thompson bereits im Jahre 2017 zurückliegende Erinnerungen aufzuarbeiten. Eben diese spiegelt er nun mit „Romans – Dämonen der Vergangenheit“ in Bildern wieder, was ab dem 27. Juni 2019 auf Blu-ray und DVD erhältlich ist.
Der etwa 30-jährige Malky (Orlando Bloom) versucht als Abrissarbeiter irgendetwas aus seinem Leben zu machen. Malky pendelt von einer Stadt zur anderen, ist Auseinandersetzungen mit anderen gewohnt und verbrachte selbst schon die eine oder andere Nacht hintern Gittern, wenn einmal mehr sein Temperament mit ihm durchgegangen ist. Bei seinem neusten Projekt muss er nun eine alte Kirche abreißen, doch bei eben diesem Objekt stoßen nun längst vergessen geglaubte Erinnerungen zurück an ihre Oberfläche.
Als Zwölfjähriger wurde Malky an diesem Ort von einem angesehenen Geistlichen Missbraucht, 20 Jahre später trifft er beinahe zufällig seinen Peiniger wieder. Wie geht er mit seinen Gefühlen um die er nicht äußern kann? Wie kann er mit Emma eine glückliche Beziehung aufbauen und was macht er mit dem Priester, mit dem er noch immer eine Rechnung offen hat? Fragen die sich regelmäßig in Aggressionen äußern, Fragen die nun aber eine Antwort verlangen. Kann Malky seine Vergangenheit hinter sich lassen oder wird er von dieser doch noch eingeholt?
Der erst zweite Film der Shammasian Brothers (Ludwig und Paul Shammasian) lief bereits vor über zwei Jahren auf zahlreichen Festivals, doch für einen regulären Kinostart hat es in Deutschland nie gereicht. Mit etwas Verspätung erscheint dieser nun für das Heimkino, was angesichts der prominenten Besetzung und des überaus wichtigen Themas nur angebracht erscheint. Eben dieses Thema ist darüber hinaus auch autobiografisch, denn Drehbuchautor Geoff Thompson ist als Zwölfjähriger tatsächlich missbraucht worden, woraufhin er viele Jahre später seinen Peiniger in einem Café wiedertraf und so mit seiner eigenen grausamen Vergangenheit konfrontiert wurde.
Eben diese Geschichte hat Geoff Thompson bereits in seinem Kurzfilm „Romans 12:20“ zu erzählen versucht, doch wo dieser noch wesentlich autobiografischer war, wurde die Hauptfigur nun in Teilbereichen angepasst. Der tätowierte Türsteher wurde durch einen Abrissarbeiter ersetzt, die gefährlich wirkende Glatze von Craig Conway durch die ungekämmte Mähne von Hollywood Star Orlando Bloom. Was neben dieser visuellen Veränderung bleibt ist eine grausame Geschichte, in der es nicht nur um Kindesmissbrauch geht, sondern auch um die Auseinandersetzung damit, sind diese tief verwurzelten Narben doch selbst Jahrzehnte nach der Tat noch immer präsent.
Für genau diesen tief im inneren vergrabenen Konflikt benötigt man einen starken Charakterdarsteller, was Orlando Bloom auf dem ersten Blick auf keinen Fall ist. Diesen kennt man eher als Hollywood Schönling aus Filmen wie „Der Herr der Ringe“ oder „Fluch der Karibik“, doch kann er einen Film wie diesen tatsächlich tragen? Er kann es und er hat es getan. Bereits im Vorfeld zu den Dreharbeiten bemühte sich Bloom um diese Rolle, was er daraus machte, als er diese schließlich bekam, ist wirklich bemerkenswert.
Bloom spielt den gebrochenen Mann der unfähig ist ein normales Leben zu führen mit sehr viel Hingabe. Eine normale Beziehung mit Emma erscheint unmöglich, doch versucht er dies dennoch, ohne sie an seinem Schmerz teilhaben zu lassen. Die Gespräche sind oberflächlich, auf dem Hinterhof gibt es schnellen Sex, dann ist sie wieder völlig außer sich, weil Malky scheinbar grundlos einen seiner besten Freunde verprügelt. Es scheint beinahe eine doppelte Persönlichkeit vorhanden zu sein, denn wo Bloom immer wieder den netten Mann von Nebenan darstellen möchte, wird dieser doch auch stets in die Vergangenheit gesogen, woraufhin grausame Erinnerungen zu Tage treten. Der Schmerz ist präsent, die Figur um eine Aufarbeitung bemüht, doch ist dies ein langwieriger und vor allem schmerzhafter Prozess.
Eben dies kann Orlando Bloom mit sehr viel Hingabe wiedergeben, was bleibt sind zuweilen einige holprige Stellen innerhalb der Inszenierung, wo es einfach ein wenig mehr Inhalt benötigt hätte. Genau dies ist leider allzu oft eine große Schwäche von Adaptionen ehemaliger Kurzfilme, denn wo letztere eine Geschichte in maximal 30 Minuten zu erzählen haben, bedarf diese in einem Spielfilm einer wesentlich umfangreicheren Ausarbeitung.
Mit „Romans – Dämonen der Vergangenheit“ präsentieren Ludwig und Paul Shammasian einen sehenswerten Film über die Aufarbeitung eines Missbrauchsfalls durch einen Geistlichen. Vor allem für Orlando Bloom eine sehr ungewöhnliche Rolle, die er aber mit Bravour gemeistert hat.