Der Motion-Capture-Darsteller Andy Serkis hat sich in den letzten Jahren durch seine beeindruckende Performance in „Herr der Ringe“ und „Planet der Affen“ einen Namen gemacht. Mit „Solange ich atme“ gibt Serkis nun sein Debüt als Regisseur und setzt dabei zugleich auf eine sehr emotionale Geschichte, wenn er in Auszügen vom Leben des Teeeinkäufers Robin Cavendish berichtet.
England der 1950er Jahre: Für Robin Cavendish (Andrew Garfield) und Diana (Claire Foy) war es Liebe auf den ersten Blick, denn nach ersten gemeinsamen Ausflügen folgt schon bald die Heirat, woraufhin auch die Schwangerschaft Dianas nicht lange auf sich warten lassen soll. Das gemeinsame Glück scheint jedwede Hindernisse überwinden zu können, doch als Robin bei einem Tennisspiel einen Schwächeanfall erleidet und schon bald weitere Krankheitssymptome zeigt, offenbart sich im Krankenhaus eine bittere Diagnose. Der behandelnde Arzt bescheinigt Robin eine schwere Polioerkrankung (Kinderlähmung), die ihn nicht nur schon bald ans Bett fesseln wird, sondern auch in nur wenigen Monaten zum Tod führen könnte.
Für Robin ist der weitere Krankheitsverlauf grausam. Ans Bett gefesselt, ist er schon bald vom Hals an abwärts komplett gelähmt, während er die nötige Luft nur durch eine Beatmungsmaschine erhält. Erste Gedanken den nahen Tod betreffend machen sich in ihm breit, doch Diana kann sich damit nicht abfinden. Sie möchte ihren Mann von einer Reise mit zurück nach England nehmen, ihn dort betreuen und pflegen, damit er den gemeinsamen Sohn aufwachsen sieht. Zusammen mit Teddy Hall (Hugh Bonneville) wird schließlich sogar ein Rollstuhl konstruiert, mit dem Robin nicht nur sein Bett verlassen kann, sondern auch ins Leben zurückfinden wird.
Es ist nicht leicht, einen passenden Stoff für die erste Regiearbeit zu finden, insbesondere wenn man als Schauspieler berühmt und anerkannt ist und eine entsprechende Erwartungshaltung existiert. Andy Serkis (Star Wars – Episode VIII: Die letzten Jedi) entschied sich für die Biografie von Robin Cavendish, der nicht nur am unheilbaren Polio erkrankte, sondern zusammen mit seiner Frau Diana zurück ins Leben fand.
Ein schwerer Schicksalsschlag, zwei sich liebende Personen, und wie diese zusammen neuen Lebensmut finden. Was auf der einen Seite ein großartiger Stoff für eine abendfüllende Romanze sein kann, kann aber auch zur echten Schmonzette werden, was in diesem Fall leider auch passiert ist. Zugegeben, Kameramann Robert Richardson sind wunderschöne Bilder eines Englands der 1950er Jahre gelungen, wenn wir den Beteiligten beim Polo zuschauen dürfen, beim Tanzen oder bei den zahlreichen Ausflügen, wo eine gewisse Authentizität stets gegeben ist. Die Bilder sind warm, farbenfroh und natürlich wird die Botschaft vom Nachwuchs beim Sonnenuntergang überbracht, um möglichst alle Klischees zu bedienen.
Obwohl nun schon bald ein Schicksalsschlag folgt, bleibt die Art der Darstellung stets gleich. In warmen Farben wird die Krankheit dargelegt, wir sehen einen jungen, ans Bett gefesselten Mann, während dieser seiner schmachtenden Frau davon berichtet, dass er am liebsten sterben wollen würde. Mit Ausnahme dieses kurzen Einblicks in die Abgründe eines depressiven Mannes bleibt „Solange ich atme“ doch überwiegend flach und stellt vermehrt nur die positiven Aspekte des Lebens beider Eheleute heraus. Von den gesundheitlichen Problemen ist nur im Ansatz etwas zu erfahren, die Pflege eines gelähmten Mannes wird nicht weiter thematisiert und auch sonst scheint es keinerlei Probleme in ihrer Ehe gegeben zu haben.
Innerhalb der zweistündigen Inszenierung überwiegen die positiven Aspekte, doch neben diesen eben auch sehr eindimensionale Figuren, was man insbesondere an den zahlreichen Freunden von beiden bewundern darf. Neben diesen, die oftmals keine wirkliche Funktion besitzen, fühlt sich aber auch eine Konferenz in Deutschland wie ein gewaltiger Fremdkörper an. Zweifelsohne der Versuch, erkrankten und behinderten Menschen etwas Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was innerhalb der Geschichte aber dennoch komplett aus dem Rahmen fällt.
Obwohl sich Andrew Garfield (Hacksaw Ridge – Die Entscheidung) und Claire Foy (The Crown) sichtlich bemüht zeigen, das Beste aus der Situation zu machen, sind auch diesen überwiegend die Hände gebunden. Der Film gibt nicht unbedingt viel her, fordert beide zu kaum einer Zeit, woraufhin diese eben fast nur einander anschmachtend zu sehen sind. Dass beide sehr viel mehr können, haben sie in zahlreichen anderen Projekten bewiesen.
Andy Serkis erste Regiearbeit ist bestenfalls als oberflächliche Romanze zu verstehen, die eher nebenbei für einen menschenwürdigen Umgang mit behinderten Menschen plädiert. Mit etwas mehr Distanz und einer gewissen kritischen Auseinandersetzung hätte aus diesem Stoff ein wirklich großartiger Film werden können.