Der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Till Schauder hat sich zuletzt im Jahre 2012 mit dem Iran beschäftigt, als dieser einen US Basketballer porträtierte, der zum A.S. Shiraz der Iranian Super League wechselte. Mit „Wenn Gott schläft“ setzt Schauder seinen Weg konsequent fort, denn diesmal dreht sich alles um den Iraner Shahin Najafi, der im deutschen Exil um sein Leben fürchten muss.
Der iranische Musiker Shahin Najafi könnte ungewöhnlicher kaum sein. Mit Bart, dunkler Sonnenbrille und jeder Menge Tattoos verkörpert dieser nicht unbedingt den durchschnittlichen Musiker seines Landes. Wenn man dann auch noch seine Texte näher betrachtet, gerät man vollends ins Grübeln. Letzteren verdankt er es schließlich auch, dass im Jahre 2012 vom Klerus seines Heimatlandes mit einer Fatwa belegt wurde, einer Aufforderung an alle Gläubigen, ihn zu töten. Grund dafür war sein Lied „Naghi“, in dem Najafi über einen der zwölf Imame sang und darin dessen Penis erwähnte.
Was bei uns wohl als provokanter Songtext durchginge, wurde im Iran mit einem Kopfgeld von 100.000 Toman belegt, das nach einem weiteren Vorfall sogar noch auf 500.000 Toman erhöht wurde. Regisseur und Drehbuchautor Till Schauder begleitet diesen Musiker, der zur Zeit in Köln im Exil lebt und seine Wohnung regelmäßig wechselt. Was auf der einen Seite womöglich etwas paranoid wirkt, erscheint auf der anderen völlig gerechtfertigt, wurde doch im Jahre 1992 der Oppositionelle Fereydoun Farrokhzad im Exil gezielt ermordet.
Der Alltag von Shahin Najafi wird daher von der Sicherheit und der Angst bestimmt, gleicht seine Wohnung doch einem größeren Tresor. An der Tür dicke Schlösser und Eisenstangen, direkt neben dem Bett ein langes Messer, könnte das Attentat doch jederzeit vollzogen werden. Selbst das Auto wird regelmäßig auf Sprengsätze untersucht, ist die Gefahr doch zu groß, dass religiöse Fanatiker sein Leben nehmen.
Abseits dieser Sicherheitsthemen fokussiert sich Till Schauder auf Najafis Musik, wenn er über Religion und die Frage singt, warum Gott bei all dem Leid auf der Erde immer noch wegsehen kann. Seine Konzerte werden in erster Linie von Exil-Iranern besucht, im Iran selbst hört ihn in erster Linie die systemkritische Jugend, die stets mit Gefängnisstrafen für den Besitz seiner Musik rechnen muss.
Die präsente Gefahr spiegelt sich aber nicht nur in Najafis Lebensstil wider, sondern ebenso bei seinen Musikern, die stets mit der Gefahr eines Anschlags leben müssen. Einige wenige kommen mit dem Druck klar, doch die überwiegende Zahl gibt mit der Zeit den Job auf und widmet sich wieder anderen musikalischen Projekten. Es ist aber nicht nur die Situation, die so schwierig ist, es ist auch Najafi selbst, der eine alles andere als einfache Person ist. Er setzt sich über Vorgaben und Freunde hinweg, setzt sein Leben aufs Spiel, provoziert und klagt an, wodurch ein endloser Kreislauf gegeben ist.
Neben Najafis Leben in Köln spricht Till Schauder aber auch Randthemen an, wenn er den Blick auf Flüchtlinge lenkt, auf Rassismus und die dadurch ausgehende Gefahr, dass selbst im Exil lebende Künstler nicht richtig aufgenommen werden.
Mit „Wenn Gott schläft“ gelingt Till Schauder ein überaus interessantes, auch sehr eindringliches Künstlerporträt über Shahin Najafi, der für sein Recht auf freie Meinungsäußerung kämpft.