Mit Filmen wie „Sightseers“ und „High-Rise“ bewies Ben Wheatley bereits sein Händchen für Dramatik und jede Menge schwarzen Humors, mit seinem Film „Free Fire“ versucht dieser nun auch das Gangster-Genre gehörig auf den Kopf zu stellen. Seine anderthalbstündige Schießerei produzierte niemand geringeres als Martin Scorsese, der von der ersten Idee angetan war und Wheatley weitestgehend freie Hand gelassen hat.
Massachusetts in den 1970er Jahren: In einem abgelegenen Industriekomplex versucht Justine (Brie Larson) zwei völlig unterschiedliche Seiten von einem gemeinsamen Waffendeal zu überzeugen. Auf der einen Seite stehen die IRA-Mitglieder Chris (Cillian Murphy) und Frank (Michael Smiley), auf der anderen die Waffenhändler Vernon (Sharlto Copley) und Martin (Babou Ceesay). Obwohl sich beide Seiten bereits im Vorfeld über alles einig waren, kommt es zu einem ersten Problem. Vernon hat die falschen Waffen mit, tritt großkotzig auf und versteht das eigentliche Problem nicht, während Chris die Ruhe in Person ist und sich doch noch mit den Sturmgewehren anfreunden kann.
Als besagte Gewehre verladen und das Geld gezählt wird, kommt es schließlich zum zweiten Problem, denn der Junkie Stevo (Sam Riley) trifft auf den Fahrer Harry (Jack Reynor), dem er tags zuvor noch dessen Schwester entstellt hat. Es kommt, wie es kommen muss. Die ersten Fäuste fliegen, eine Waffe wird abgefeuert, woraufhin schließlich allen die Kugeln um die Ohren fliegen sollen.
Die erste Idee zu „Free Fire“ hatte Ben Wheatley (Kill List), als er von einer wilden Schießerei in Miami las. In echter Quentin-Tarantino-Manier flogen die Kugeln nur so umher, woraufhin sich Wheatley einen ganz ähnlichen Film vorstellen konnte. Das Drehbuch schrieb er schließlich mit Autorin Amy Jump (A Field in England), woraufhin der Grundstein für einen Film gelegt wurde, der inhaltsärmer kaum sein könnte.
In den ersten 20 Minuten widmet sich Wheatley im Grunde nur seinen Figuren, wenn er die IRA-Mitglieder vor der Fabrik miteinander interagieren lässt, sich Vermittlerin Justine immer wieder zu Wort meldet und diese schließlich zusammen in die Fabrik fahren, um die Waffenhändler zu treffen. Bereits dort erfährt der Zuschauer von erstem Konfliktpotential, doch bevor alles ausartet, vergehen auch hier noch einmal einige Minuten. Was nun passiert, ist recht vorhersehbar, denn plötzlich eskaliert die Situation, die Männer zweier Parteien verschanzen sich, um gut 60 Minuten innerhalb der stillgelegten Fabrik umherzuballern.
Was auf der einen Seite nach interessanter Genre-Kost im Stile von Quentin Tarantinos „Reservoir Dogs“ klingt, entpuppt sich als lauwarmer Genrebeitrag. „Free Fire“ hat kaum Möglichkeiten, den Zuschauer zu überraschen, denn im Grunde ist dies eine Dauerschießerei, bei der Männer über den Boden robben, sich verstecken, verschanzen, während die eine oder andere Kugel ihr Ziel trifft. Letzteres ist leider eher die Ausnahme, denn um eine gute Stunde umherzuballern, muss man nicht nur unglaublich viel Munition haben, sondern auch noch unglaublich schlecht schießen.
Inhaltlich passiert nicht unbedingt viel, was leider auch auf Kosten der Figuren gehen soll. Waffenhändler Vernon wurde als Kind ein hoher IQ bescheinigt mit dem er nicht umgehen konnte, im späteren Verlauf hat diese Erwähnung allerdings keine Relevanz mehr. Vielmehr plätschert der Film dahin, bei dem jeder Tote dem Zuschauer relativ egal ist, da eine tiefere Bindung zu keiner Zeit aufgebaut wurde. Man kann „Free Fire“ mit reichlich Alkohol durchaus als nette Abendunterhaltung mit Freunden ansehen, man kann ihn aber auch als langweiligen Actionfilm bezeichnen, der er zweifelsohne ist. Mit Sicherheit wird für die meisten die goldene Mitte zutreffen, denn die sehenswerte Besetzung kann zum Glück über so machen Schwachpunkt hinwegtäuschen.
Der Actionfilm „Free Fire“ glänzt in erster Linie mit seiner sehenswerten Besetzung und einer Handvoll bissiger Dialoge, während das minimalistische Drehbuch leider zu vernachlässigen ist.