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Toro

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 17. April 2017

Toro

Bei den Hofer Filmtagen feierte „Toro“ bereits im Jahre 2015 sein Debüt, dass wir ihn nun noch regulär im Kino sehen dürfen, ist als wahrer Glücksgriff zu bezeichnen. „Toro“ ist der Abschlussfilm von Martin Hawie, der in tristen Schwarz-Weiß-Bildern von einer ungewöhnlichen Freundschaft und dem Kölner Stricher-Milieu berichtet.

ToroToro (Paul Wollin) heißt eigentlich Piotr und kommt aus Polen. Seit zehn Jahren lebt Toro inzwischen in Deutschland, sein Geld verdient er sich in Köln als Escort für ältere Damen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Das hart erarbeitete Geld versucht er für eine Boxschule in Polen zu sparen, um zusammen mit seinem besten Freund Victor (Miguel Dagger) Armut und Prostitution endlich hinter sich zu lassen.

Victor verdient sich sein Geld ebenso im leichten Gewerbe, doch anstatt mit älteren Damen zu schlafen, verdient dieser sich sein Geld als Stricher. Eines Tages kommt Victors Schwester   Emilia (Leni Speidel) zu Besuch, um in Köln ein neues und vor allem besseres Leben zu beginnen. Leider kommen zur selben Zeit auch finstre Geldeintreiber vorbei, woraufhin sich Victor zwischen Toro und seiner Schwester entscheiden muss. Hält er zu letzterer, muss er seinen besten Freund verraten, was ungeahnte Folgen für beide haben kann.

ToroIn letzter Zeit wird man wieder mit ein paar starken Jahrgängen diverser Filmhochschulen konfrontiert, die nicht nur ihre Werke auf kleineren Festivals, sondern sogar auf der Berlinale einem größeren Publikum vorstellen dürfen. Der Abschlussfilm des aus Peru stammenden Martin Hawie (Camille) ist ein sehr erwachsenes Werk geworden, dass mit seiner dunklen Bildsprache auf eine Vielzahl von Problemen aufmerksam zu machen versucht.

Wie der Titel bereits verrät, soll sich in Martin Hawies Abschlussfilm alles um die Figur des Toro drehen, der seinerzeit aus Polen abgehauen ist, da man diesem schwule Tendenzen unterstellte. Der gläubige junge Mann lebt am Rande der Gesellschaft, in einem heruntergekommenen Haus, in dem zu jeder Tag- und Nachtzeit jemand zu schreien scheint. Der Putz fällt von den Wänden, der Hausflur ist schmutzig, der Mief ist sprichwörtlich zu spüren. Toro versucht zu sparen, sparen auf ein besseres Leben, auf ein neues Leben, irgendwo in der polnischen Heimat.

ToroMit seinem besten Freund Victor versucht er irgendwie über die Runden zu kommen, obwohl der Zuschauer bereits am Anfang erahnen kann, das Toro diesen eigentlich gar nicht braucht. Victor zieht ihn runter, weiß mit seinem Leben nichts anzufangen, verliert sich in Drogen, was wiederrum in Schulden und üblen Geldeintreibern gipfelt. Es ist die Freundschaft die hier im Fokus steht, eine nur zu erahnenden Liebe, die beide nicht einander eingestehen wollen, irgendwie im Verborgenen aber durchaus schlummert.

Debütant Paul Wollin (SOKO Wismar) erwies sich dabei als wahrer Glücksgriff, denn wo dieser durchaus Defizite als Schauspieler hat, kann er mit seiner unglaublichen körperlichen Präsenz auf ganzer Linie brillieren. Ein finsterer Blick, kahlgeschorener Kopf, jede Menge Muskeln und ein ums andere Mal kurz davor zu explodieren, worauf der Film auch unweigerlich hinauslaufen soll. An seiner Seite geht Miguel Dagger (Camille) zum Großteil komplett unter, was nicht nur seiner oberflächlichen Figur zuzuschreiben ist, sondern ebenso dem gediegenen Spiel, das als Victor zumeist im Schatten von Toro stattfinden soll.

Visuell ist „Toro“ großes Kino geworden, denn Kameramann Brendan Uffelmann (Nicht tot zu kriegen) schafft es mit geringen Mitteln wirklich sehenswerte Schwarz-Weiß-Bilder zu generieren. Bedrohlich, abstoßend, eine Welt in der niemand leben will, es aber leider mehr als genug tun. Dazu kommt ein dezenter Einsatz einer musikalischen Untermalung, wodurch Umgebungsgeräusche ganz besonders zur Geltung kommen.

Mit „Toro“ präsentiert Martin Hawie einen wirklich gelungenen Abschlussfilm, in dem er ein düsteres Bild der Kölner Stricher- und Escort-Szene zeichnet. Kein angenehmer Film, aber einer den man gesehen haben sollte. Sehr zu empfehlen.

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Wir vergeben daher 7,5 von 10 Filmpunkten.

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Toro

Länge: 83 min

Kategorie: Drama

Start: 27.04.2017

cinetastic.de Filmwertung: (7,5/10)

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Info

Toro

Toro

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 83 min
Kategorie: Drama
Start: 27.04.2017

Bewertung Film: (7,5/10)

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