Der Isländer Baltasar Kormákur widmete sich zuletzt mehreren Projekten in Hollywood, bis dieser schließlich für seinen sehenswerten Thriller „Der Eid“ zurück in sein Heimatland kam. Was die wenigsten allerdings wissen ist, dass Kormákur nur wenige Monate davor eine zehnteilige Miniserie in seiner eisigen Heimat drehte, die nun ab dem 23.03.2017 für das Heimkino erhältlich ist.
In einem malerischen Dorf an der nordöstlichen Küste Islands wird eines Tages eine grauenvoll zugerichtete Leiche gefunden. Der Leiche fehlt der Kopf sowie sämtliche Gliedmaßen, wodurch sich die Identifizierung als schwierig erweisen soll. Um dieses Problem dennoch anzugehen, soll ein Team von Spezialisten aus der Hauptstadt Reykjavik mit eingebunden werden, doch ein plötzlich aufziehender Schneesturm macht auch dieses Unterfangen zum Problem.
Nun liegt es am örtlichen Polizisten Andri (Ólafur Darri Ólafsson) den Fall zu lösen, denn das kleine Dorf befindet sich bereits in heller Aufruhr. Als Tatverdächtige kommen sofort die Passagiere einer vor kurzem anlegenden Fähre in Betracht, auf der ausgerechnet der verurteilte Mörder Hjörtur (Baltasar Breki Samper) ist, der vor sieben Jahren seine Freundin ermordet haben soll. Während die Dorfgemeinschaft bereits ihren Täter gefunden hat, bringt Andri grauenvolle Geheimnisse ans Tageslicht, die bereits viele Jahre zurückreichen sollen.
Der isländische Regisseur Baltasar Kormákur (Everest) war in den letzten Jahren zu einer Art Star aufgestiegen, nachdem sein Erstlingswerk „101 Reykjavik“ von der internationalen Presse gefeiert wurde und er diesen schließlich in Hollywood noch einmal als Remake drehen durfte. Es folgten mehrere gute und weniger gute Filme mit einem beachtlichen Budget, bis sich Kormákur zuletzt schließlich zu seinen Wurzeln zurückbesann. Mit seiner zehnteiligen Mini-Serie greift dieser nun auf alte Stärken zurück, wenn er von einem Mord berichtet, der zusätzlich von seinen wunderschönen Bildern Islands lebt.
Bei alledem ist die Geschichte recht klassisch aufbereitet, wenn dem Zuschauer am Anfang ein Rückblick auf ein Ereignis der Vergangenheit gegeben wird und sich die Ereignisse anschließend im Hier und Jetzt sprichwörtlich überschlagen. Es geschieht ein Mord, es folgen parallel mehrere seltsame Ereignisse und es kommt eine Vielzahl von Tätern Infrage, die mit der Zeit allerdings wieder fallengelassen werden. Durch das kleine Dorf und die dargebotene Abgeschiedenheit folgt der Aufbau eines klassischen Krimis, wenn Puzzlestücke gefunden und zusammengesetzt werden müssen, falsche Fährten erkannt und schließlich ein Mörder identifiziert und gejagt wird.
Für eingefleischte Genrefans ist dies im Großen und Ganzen als Alltagskost zu bezeichnen, doch die vom ZDF Koproduzierte Serie kann mit einer Vielzahl weiterer wirklich netter Ideen unterhalten. Sieht man von der schieren Masse an Figuren einmal ab, mit denen manche Zuschauer anfangs überfordert sein dürften, punktet „Trapped – Gefangen in Island“ vor allem mit seiner sehenswerten Atmosphäre. Die meiste Zeit über ist es dunkel, der Schnee liegt hoch, der eisige Wind peitscht einem ins Gesicht, während Polizist Andri schwer atmend durch das Dorf geht, um jede noch so kleine Spur zu verfolgen.
Dabei wird nicht nur Wert auf den Mord an sich gelegt, sondern ebenso auf das Privatleben der Figuren. Andri der aktuell die Trennung von Frau und Kinder durchmachen muss, Eiríkur (Þorsteinn Gunnarsson) der den Mord an seiner Tochter einfach nicht vergessen kann und Hjörtur, der auch sieben Jahre später noch immer lernen muss, mit dem Hass der Dorfgemeinschaft umzugehen. Gemischt mit viel Sozialkritik im Hinblick auf Islands Wirtschaftskrise, beweist Kameramann Bergsteinn Björgúlfsson (The Deep) einmal mehr ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Bilder. Dazu kommt eine dezente Musikuntermalung von Hildur Guðnadóttir, Rutger Hoedemaekers und Jóhann Jóhannsson, die maßgeblich zur gelungenen Atmosphäre beitragen kann.
Mit „Trapped – Gefangen in Island“ präsentiert Baltasar Kormákur eine klassische zehnteilige Mini-Serie die nicht nur spannend ist, sondern vor allem mit seiner gelungenen Atmosphäre überzeugen kann.