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Hidden Figures – Unbekannte Heldinnen

Geschrieben von Frank Schmidke am 12. Januar 2017

Obwohl das beschwingte und leicht erzählte Drama „Hidden Figures“ in den USA gerade erst  angelaufen ist, gab es schon zwei Golden Globe-Nominierungen. Die Geschichte um drei farbige Frauen, die der US-Raumfahrt zu Beginn der 1960er Jahre erlaubten, abzuheben, beruht auf einem realen Vorbild. Allerdings hat der Film viel mehr zu bieten als eine kaum bekannte Episode der bemannten Raumfahrt.

Katherine Johnson (Taraji P. Henson), Mary Jackson (Janelle Monáe)und Dorothy Vaughan (Octavia Spencer) waren schon als Kinder intelligenter als andere. Doch einer großen Karriere steht zu Beginn der 1960er Jahre in Virginia die Rassentrennung im Weg. Immerhin arbeiten alle drei Frauen in Langley bei der Raumfahrtbehörde NASA und sind auch ziemlich stolz darauf. Dort werden durchaus auch Farbige beschäftigt, aber ebenso wie es selbstverständlich ist, dass diese unter sich bleiben, gibt es in Punkto Karriere eine Glasdecke. So macht die weiße Abteilungsleiterin Vivian Mitchel (Kirsten Dunst) beispielsweise Dorothy unmissverständlich klar, dass sie keine Führungsaufgabe bekommen wird, nicht einmal für die farbigen Mitarbeiterinnen unter den Mathematikerinnen, einfach weil Führungsaufgaben den Weißen vorbehalten sind.

Dann aber spitzt sich das Wettrennen um die Eroberung des Alls zwischen der Sowjetunion und den USA zu, als die Russen einen Menschen ins All schicken. Etwas, von dem die Experten bei der NASA noch weit entfernt sind. Al Harrison (Kevin Costner), Chef der Space Task Force, braucht dringend neue Mathematiker – auch um die neuartigen, riesigen Rechenmaschinen von IBM zu bedienen. Für die drei farbigen Damen ist das die Chance, sich zu beweisen. Während Katherine sich als Rechengenie direkt zu den anderen Mathematikern begibt, versucht Mary als Ingenieurin hilfreich zu sein und Dorothy macht sich in Sachen Computer schlau.

In gewisser Weise wird das Laufen über das NASA-Gelände zum zentralen Motiv von „Hidden Figures“ und bricht damit ein gesellschaftliches Problem auf eine individuelle und körperliche Ebene hinunter. Denn für Katherine sind im Trakt der Mathegenies schlicht keine Waschräume für Farbige vorhanden, weshalb sie in ihren Pausen den weiten Weg zurück zu ihrem ehemaligen Arbeitsplatz am anderen Ende des Geländes zurücklegen muss, um sich zu erleichtern. Die Mathematikerin kommt ebenso wenig auf die Idee, das Thema anzusprechen, wie die Mathematiker sich mit solch profanen Dingen beschäftigen.

Obwohl „Hidden Figures“ die Geschichte dreier Frauen erzählt, steht das Schicksal der Mathematikerin Katherine doch ein wenig im Vordergrund und diese hat gleich zwei gesellschaftliche Emanzipationsakte zu bewältigen. Zum einen ist sie unter den Mathenerds die einzige Frau (abgesehen von den Sekretärinnen), zum anderen ist sie in einer weißen Gesellschaft die einzige Farbige. Während Mary immerhin mit einem eingewanderten Raketeningenieur arbeiten kann, dem die Rassentrennung herzlich egal ist, und Dorothy einfach mehr oder minder inoffiziell macht, was sie für richtig hält, schlägt sich Katherine tagtäglich mit den Ressentiments und diversen sozialen Hindernissen herum, die man auch als Mobbing qualifizieren könnte. Und dennoch, so will es das Narrativ des Films von Regisseur und Koautor Theodore Melfi („St. Vincent“), setzt sich Katherines Brillanz am Ende durch, nämlich dann, wenn der Chef höchstselbst erkennt, dass diese Frau schneller und präziser rechnet als all die anderen weißen, an  Eliteuniversitäten ausgebildeten Kerle.

Getragen wird der Film nicht nur von seiner recht unbekannten Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Das emotional anrührende Drehbuch gibt vor allem drei großartigen Darstellerinnen Raum, die in „Hidden Figures“  ein wahres Feuerwerk an Selbstbewusstsein abbrennen. Selten sieht man im Mainstream-Kino so starke Frauenfiguren. Und Octavia Spencer, Janelle Monáe und allen voran Taraji P. Henson (Serienstar aus „Person of Interest“ und „Empire“) haben sichtlich Spaß an der Arbeit. Das überträgt sich auch auf den Zuschauer.

Interessante und kluge Besetzungen gibt es mit Jim Parsons (aus dem Serienhit „The Big Bang Theorie“), der einen kleinkartierten Mathematiker spielt, der um seine Karriere fürchtet, und mit Kevin Costner. Kevin Costner gibt hier eine Rolle, die in ihrer Anlage denen in „Thirteen Days“ und „JFK – Tatort Dallas“ insofern ähnlich ist, als dass seine Figur Harrison erneut für die inhaltliche Problemlösung zuständig ist und so – quasi als Nebeneffekt – gesellschaftliche Ressentiments und Tabus einreißt, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Da alle drei Filme in derselben Ära gesellschaftlicher Umwälzungen spielen, braucht man Kostners Figur in „Hidden Figures“ eigentlich nicht mehr zu etablieren, sie ist im kollektiven Unbewussten Amerikas abgespeichert, ebenso wie es auch die Selbstverständlichkeit ist, mit der Privilegien und Macht abgegeben werden, um andere gleichberechtigt an der Welt teilhaben zu lassen.

Man kann „Hidden Figures“ als ein recht typisches und sehr gelungenes Feel-Good-Movie für ein farbiges US-Publikum betrachten, von denen es in den vergangenen Jahren immer wieder einige gab. Auch wagt man sich kaum weit aus dem Fenster, wenn man den Box Office-Erfolg prognostiziert. Wie sich das Zuschauerinteresse hierzulande entwickelt, ist da schon schwerer zu sagen. Auch das hinreißende und überaus sehenswerte Drama „The Help“ fand bei uns weniger Zuschauer, als es verdient gehabt hätte. Dabei sind die leicht verständlichen Botschaften gesellschaftlicher Gleichberechtigung ziemlich allgemeingültig und lassen sich auch auf unsere Gesellschaft übertragen. Ein weiterer Grund, sich den tollen Film über starke Frauen anzuschauen.

Das amerikanische Drama „Hidden Figures“ erzählt von starken Frauen und außergewöhnlichen Berufswegen in Zeiten, als das bei weitem nicht selbstverständlich war. Es macht einfach Spaß, den großartigen Darstellerinnen zuzusehen, wenn sie sich auf den Weg ins All machen – und den Jungs mal zeigen, wie der Hase läuft.     

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Copyright: 20th Century Fox

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Länge: 127 Minuten

Kategorie: Drama

Start: 02.02.2017

cinetastic.de Filmwertung: (8/10)

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Info

Hidden Figures – Unbekannte Heldinnen

Geschrieben von Frank Schmidke

Länge: 127 Minuten
Kategorie: Drama
Start: 02.02.2017

Bewertung Film: (8/10)

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