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Zen For Nothing

Geschrieben von Frank Schmidke am 29. April 2016

Zen-For-Nothing-presse4 Kopie (s)-ct„Ab ins Kloster.“, mag sich die Schweizer Schauspielerin Sabine Timoteo gedacht haben, als sie sich auf das dokumentarische Filmprojekt „Zen For Nothing“ eingelassen hat. Immerhin folgt die Doku der Zen-Erfahrung auf ihren Spuren. Dabei ist der Titel von Werner Penzels Doku ebenso doppeldeutig wie einst die legendäre Hippie-HotDog-Bestellung aus den Sechzigern „Make Me One With Everything“. Und irgendwo zwischen launiger Beobachtung des Alltags in einem Zen-Kloster in Japan und der metaphysischer Suche ist die Doku auch zu verorten.

Filmmacher Werner Penzel macht es dem Zuschauer nicht leicht, in den Dokumentarfilm „Zen For Nothing“ einzusteigen. Zusammen mit der Schweizer Schauspielerin Sabine Timoteo macht sich auch das Filmteam und damit der Zuschauer auf die Reise ins ferne Japan. Dort verbringt die Protagonistin, die hier durchaus als Privatperson und nicht als Darstellerin zu begreifen ist, mehrere Monate in dem kleinen Zen-Kloster Antaiji an der Westküste Japans. Nach der Ankunft und einer kurzen Begrüßung und  Einweisung geht es zunächst ans Meditieren; auch für den Zuschauer.

Zen-For-Nothing-presse3 Kopie (s)-CTDie Zazen-Meditation ist das Herzstück des Zen. Die Meditierenden üben  stundenlang mit übergeschlagenen Beinen und möglichst regungslos auf eine Wand blickend darin, ihren Geist zu leeren.  Dieses zentrale Element des Zen-Budhhismus veranschaulicht die Doku durch den Verzicht auf künstliche Beleuchtung und auch auf Sounduntermalung. In der ersten halben Stunde beobachtet der Zuschauer also schweigend die im Dunkeln sitzenden Adepten. Das ist schon recht sperrig.

Dabei hat „Zen For Nothing“ mit Fred Frith einen begnadeten Score-Komponisten an Bord. Fritz, der für viele Filme die musikalische Begleitung komponiert hat und für seine grandiosen Soundscapes berühmt ist, sorgt auch hier für außergewöhnliche Klangwelten. Aber zurück zum Geschehen.

Nach dem Meditieren geht es an die Arbeit, ganz wie in anderen Klöstern auch: Ora et labora (Beten und arbeiten). Körperliche Arbeit, hier in Form von Subsistenz-Landwirtschaft für die Klostergemeinschaft, die abgelegen in den Bergen liegt, gehört ebenso zur den metaphysischen Übungen des Zen. Auch die angereisten Gäste müssen mitarbeiten und sich einbringen. Anders als viele Zen-Klöster ist die Antaiji-Gemeinschaft auch für Frauen geöffnet und nimmt, zumindest in den Monaten, die die Doku abdeckt, auch westliche Interessierte auf. Vielleicht hängt das mit einer grundsätzlichen Offenheit zusammen, die auf die die Prinzipien des Klosters zurückgeht, eventuell spielt aber auch eine Rolle, dass der derzeitige Abt Muho Nölke Deutscher ist, was die psychologische Hemmschwelle für ausländische Zen-Studenten niedriger erscheinen lässt.

Zen-For-Nothing-presse6 Kopie-ctDer Abt sieht seine Rolle und seine Position auch eher pragmatisch und vergleicht einen Zen-Meister eher mit einem Handwerksmeister als mit einem Priester. Zen hat unter den Religionen schon immer einen besonderen Status innegehabt und scheint in seiner am alltäglichen Leben orientierten Ausrichtung häufig eher philosophisch als religiös zu sein. Die häufig paradoxen Aufgaben und Sprüche der Zen-Gelehrten sind weit verbreitet und sorgen fast immer für Stirnrunzeln und Schmunzeln mit ihrer scheinbaren Absurdität.

Die Doku „Zen For Nothing“ schildert also über Monate das Leben in diesem Zen-Kloster. Regisseur Werner Penzel lebt selbst seit Jahren in Japan und beobachtet eher, als dass er analysiert. Neben Arbeit und Meditation und gemeinsamen Mahlzeiten gibt es allerdings auch Freizeit, die mit allen möglichen individuellen Aktivitäten gefüllt werden kann, und so kommt der Zuschauer auch in den Genuss fröhlicher Ausflüge in den Schnee und einer Kloster-Musikband. Dabei fragt sich der aufmerksame Zuschauer dann schon, was einem der Film nun vermitteln will.

Zen-For-Nothing-presse31 Kopie (s)-ctIrgendwie bleibt „Zen for Nothing“ eine unaufgeregte, aber auch zweischneidige Sache: Die Doku kommt dem Zen zwar nahe, bleibt aber gleichzeitig ebenso auf Abstand wie die Protagonistin einfach nur Gast in diesem Kloster ist. Vieles entspricht dem Klischee, das man entwickelt, wenn man sich mit Zen auseinandersetzt, ohne dabei etwas wirklich Neues zu vermitteln. Wobei die Frage, ob es überhaupt etwas Neues gibt, absolut der Philosophie des Zen entspricht. Wer Robert Pirsigs „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ (1974), einen Klassiker der westlichen Sinnsuchergenration, oder Jack Kerouac gelesen hat, oder auch “Der leere Spiegel“ (1972), einen Erfahrungsbericht aus einem japanischen Zen-Kloster des niederländischen Krimi-Autors Janwilhelm van de Wetering, wird in „Zen for Nothing“ wenig Neues entdecken (aber auch nicht erwarten).

Die erwähnten Bücher sind nicht zufällig mit der Ära der Blumenkinder verbunden, auch Werner Penzels Doku zeigt beizeiten diesen Spirit. Dabei unterscheidet sich seine Doku nur graduell von anderen Dokus über spirituelle Themen wie etwa „Stopping“ (2015) oder auch Kloster-Dokumentarfilmen wie etwa „Silentium –Vom Leben im Kloster“ (2015), in dem Dokumentarfilmer Sobo Swobodnik den Alltag der Nonnen des Klosters Habsthal  betrachtet.

Wer sich für spirituelle Themen und speziell den Zen-Buddhismus interessiert, kann in „Zen For Nothing“ in den Alltag eines Zen-Klosters eintauchen. Die eigene Erfahrung und Meditiationspraxis ersetzt das freilich noch lange nicht.

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Wir vergeben daher 7 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Zorro Film

Kommentare

Hubert Kah

15. Mai 2016 14:05 Uhr

Bewertung: 10 / 10

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Dieser Film lebt von den wunderbaren Bildern und der Natürlichkeit aller Mitwirkenden. In der Tat, man muss sich einlassen, auch als Zuschauer. Wer das kann, erlebt 100 Minuten tiefe Ruhe und lässt sich von Zitaten des japanischen Zen-Meisters Kodo Sawaki inspirieren, der da kernig behauptet: «Zen bringt uns überhaupt nichts.» Ein Film, der zum Nachdenken und – mit einem grossartig sorgfältigen Fred-Frith-Soundtrack ausgestattet – zum Hören anregt.

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Länge: 100 Minuten

Kategorie: Documentary

Start: 02.06.2016

cinetastic.de Filmwertung: (7/10)

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Info

Zen For Nothing

Geschrieben von Frank Schmidke

Länge: 100 Minuten
Kategorie: Documentary
Start: 02.06.2016

Bewertung Film: (7/10)

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