Mit seinen ersten Langfilm „Der Bunker“ betritt der deutsch-griechische Filmmacher Nikias Chryssos Pfade, die mit herkömmlicher deutscher Filmkost nicht sonderlich viel gemein haben. In einem klaustrophobischen Setting entwickelt sich ein schräges Kammerspiel über Familie und Bildung.
Ein einsamer, winterlich warm eingepackter Wanderer stapft durch den tiefen Schnee, bis er vor einem Bunker steht und dort schon sehnsüchtig erwartet wird. Der junge Mann ist Student (Pit Bukowski) und sucht Abgeschiedenheit und Ruhe, um sich auf seine komplizierte Forschungsarbeit konzentrieren zu können. Da wäre er hier in dem lichtlosen Bunker im Wald doch genau richtig, empfängt ihn der Vater (David Scheller).
Doch so recht will das nicht klappen mit dem Fortschritt an der Forschung und auch die Vermieter werden zu einem Ablenkungsmoment. Der Vater erzieht den Sohn Klaus (Daniel Fripan), dessen Alter irgendwie kaum zu bestimmen ist, nämlich selbst und der Junge scheint einfach keine Fortschritte zu machen. Also schlägt die Mutter (Oona von Maydell) vor, dass der Student doch den Unterricht übernehmen könnte. Notgedrungen nimmt der finanziell klamme Forscher den Lehrauftrag an.
In Nikias Chryssos „Der Bunker“ herrscht von Anfang an eine beklemmende Atmosphäre – wie in einem Bunker nicht anders zu erwarten. Die Personenkonstellation und die isolierte Situation haben dabei etwas Parabelhaftes, vor allem weil sich der Film auch zeitlich nicht genau verorten lässt. Glücklicherweise verzichtet „Der Bunker“ darauf, seine Figuren und deren Motivation zu erklären, sondern wirft den Zuschauer mit wenigen, aber ausreichenden Informationen in die absurde Filmsituation.
Aus dem wahrscheinlich eher schmalen Budget holt Filmmacher Nikias Chryssos vieles heraus und weiß die Fokussierung auf den überschaubaren Raum, in dem die Handlung sich abspielt, zu einem psychologischen Experiment zu verdichten. Die Charaktere sind dabei bewusst namenlos und typisiert gehalten und so erinnert das abstrakte Momentum auch ein wenig an Kafka und paranoide Konsorten. Zu ernst wird es dabei allerdings nicht, immer wieder kommen Absurditäten und skurriler Witz zum Zug, um die Befindlichkeiten der Charaktere auszuloten.
Das psychologisch experimentelle Setting funktioniert und lässt sich vergleichsweise leicht als Kommentar zum Bildungssystem lesen. „Der Bunker“ nimmt aber auch die familiäre Gemeinschaft als Wert an sich, oder, wie es Chryssos in seinem Regiestatement ausführt, „Familie als Art religiöser Gemeinschaft“ unter die Lupe. Für diesen familiären Nukleus stellt der Student beziehungsweise Hauslehrer auch einen Störfaktor dar, selbst wenn er quasi eingeladen oder gewollt ist.
Die daraus resultierende Dynamik sorgt für einige erstaunliche, einige witzige und auch aberwitzige Wendungen. Einiges in „Der Bunker“ ist stark überzeichnet, andere Ideen wissen nicht gänzlich zu zünden oder kommen dem Zuschauer aus anderem Zusammenhang bekannt vor, aber insgesamt ist die Inszenierung stimmig und lässt genügend Raum, damit sich der Zuschauer selbst einen Reim auf das Geschehen machen kann.
Allein die Tatsache, dass sich Nikias Chryssos im derzeitigen deutschen Filmschaffen für ein sperriges Thema und eine ebenso eigenwillige Umsetzung entschieden hat und diese auch noch produzieren konnte, ist höchst lobenswert. Mehr davon, auch wenn nicht alles Gold ist, was glänzt.