Der russische Filmemacher Aleksei German zählt aufgrund seiner Detailversessenheit, seiner Akribie und seinem Hang zum Perfektionismus zweifelsohne zu den wichtigsten Regisseuren unserer Zeit. Trotz einiger herausragender Filme und lobender Worte vom damaligen Jurypräsidenten Martin Scorses bei den Filmfestspielen in Cannes ist er dennoch kaum über die Grenzen seines Landes hinweg bekannt, was wohl in den wenigen Filmen begründet liegt, die er in den letzten fünf Jahrzehnten abgedreht hat. Mit „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ kommt nun der letzte seiner Filme, dessen finalen Schnitt German zu Lebzeiten nicht mehr miterlebt hat.
Auf einem erdähnlichen Planeten irgendwo im Weltall hat sich eine Gruppe von Wissenschaftlern niedergelassen, um die Renaissance am eigenen Leibe zu erfahren. Die dort lebenden Individuen sind der Erde etwa 800 Jahre in der Entwicklung zurück, eine Zeit, die man wohl am ehesten mit dem Mittelalter vergleichen kann. Die Forscher selbst mischen sich in die Entwicklung des Volkes nicht ein, fungieren bereits seit unzähligen Jahren als stiller Beobachter und mischen sich dabei unter das Volk, stets darauf bedacht alle Aufzeichnungen zur Erde zu übertragen. Die oberste Direktive lautet dabei keinerlei Entwicklungen zu beeinflussen, unerkannt und neutral zu bleiben, gleichwohl aber auch den Umbruch selbst mitzuerleben und diesen für die Nachwelt festzuhalten.
Als eines Tages besagter Umbruch in Gefahr gerät, Gelehrte und Bücherfreunde zusammengetrieben und abgeschlachtet werden, muss sich der im Mittelpunkt stehende Don Rumata (Leonid Yarmolnik) entscheiden. Sieht er hilflos dem Treiben zu oder ergreift er Partei, um das Volk vor schlimmeren zu bewahren?
Rückblickend auf die letzten 46 Jahre von Filmemacher Aleksei German (Khroustaliov, mein Wagen!) muss man zweifelsohne sagen, dass dieser mit gerade einmal sechs Filmen alles andere als aktiv gewesen ist. Kennt man sich mit dessen Vita jedoch ein wenig genauer aus, so wird man schnell damit argumentieren, dass ein jeder Film einem Schaffensprozess unterliegt, den Aleksei German viel zu oft aufgrund seiner Detailverliebtheit bis zum Erbrechen ausreizt hat. Seine beiden letzten Filme dauerten in der Entwicklung ganze zehn Jahre, bei „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ sollte es nicht weniger sein. Allein sechs Jahre wurde gedreht, es wurden ganze Burgen errichtet, Darsteller verstarben währenddessen aufgrund ihres hohen Alters. Was bleibt war die anschließende Postproduktion, die sich noch einmal sechs Jahre hinziehen sollte, bis German schließlich im Alter von 74 Jahren verstarb. Den finalen Schnitt vollzog schließlich seine Ehefrau Svetlana Karmalita und sein Sohn Aleksei German Jr. anhand seiner Vorgaben, um das Mamut Projekt doch noch zu vollenden.
Das Ergebnis könnte ungewöhnlicher kaum sein, denn mit 177 Minuten ist „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ ein Film, der alles andere, nur eben nicht einfach ist. Vollkommen in Schwarz-Weiß gehalten werden wir mit einer im Mittelalter angesiedelten Gesellschaft konfrontiert, in welcher in erster Linie der Schmutz dominiert. Die Menschen sind vollzogen mit Schlamm, Schleim, Rotze, Blut und Kot in den unterschiedlichsten Variationen, sodass über drei Stunden hinweg ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend hinterlassen wird. Rein inhaltlich ist es schwer dem Verlauf zu folgen, denn nach gut anderthalb Stunden weiß man ungefähr genauso viel über den Inhalt, wie nach gut fünf Minuten. Es sind ein paar Gelehrte, Wissenschaftler womöglich, eine zweite Partei die diese auslöschen will. Dass es sich dabei um Wissenschaftler eines anderen Planeten handeln soll erschließt sich dem Zuschauer nicht wirklich, wodurch man ohne vorweggenommene Inhaltsangabe oder Wissen aus dem zugrunde liegenden Roman der Strugatzki-Brüder doch recht verloren ist.
Die inhaltsarme Geschichte wird über weite Strecken mit unglaublich langen Plansequenzen angereichert, bei denen ein Schauspieler wie der andere aussieht und man somit vor weitere Probleme gestellt wird. Bei besagten Sequenzen wird in steter Regelmäßigkeit mit dem engen Raum des Mikrokosmus gebrochen, wenn die Figuren sich plötzlich an die beobachtende Kamera wenden und somit direkt den Zuschauer ansprechen. Was bei alledem bleibt ist neben jeder Menge Schmutz ein Vokabular auf niederem Niveau, jede Menge Geschrei, Folter und Fäkalien, was rein visuell die Detailverliebtheit von German wiedergibt, dabei jedoch wesentliche Inhalte außer Acht lässt. Die Ehefrau des verstorbenen Regisseur verwies ein ums andere Mal auf den schwierigen Stoff, auf die anspruchsvolle Inszenierung und auf jenen Fakt, dass es ganz ohne Frage Zuschauer geben wird, die verstört den Saal verlassen werden. Die Vorführung zeigte das genau dies ganz berechtigte Worte sind, denn entweder man findet Zugang zu diesen nur wenig aussagenden 177 Minuten, oder man ist besser damit bedient die Zeit anderweitig zu nutzen.
Der letzte Film von Aleksei German verdeutlicht einmal mehr seine Detailverliebtheit und den Hang zur Perfektion, wenn er eine Geschichte auf 177 Minuten streckt, der nur schwerlich zu folgen ist. Inhaltlich wie auch visuell eine Herausforderung, der man sich stellen kann, gleichwohl aber nicht stellen muss.