Der US-Amerikaner Wes Anderson ist spätestens seit seinem Film „Moonrise Kingdom“ ganz oben angekommen, mit dem er nicht nur in Cannes auftreten durfte, sondern beinahe beiläufig einige der größten Stars von Hollywood vereinte. Mit „Grand Budapest Hotel“ eröffnete Anderson die diesjährige Berlinale, wo sein Film nicht nur wohlwollend von Kritikern aufgenommen, sondern geradezu frenetisch umjubelt wurde. Selbiger ist nun endlich im Verleih von 20th Century Fox auch fürs Heimkino erhältlich, was man sich beim besten Willen nicht entgehen lassen sollte.
Ungarn im Jahre 1932: Concierge Monsieur Gustave (Ralph Fiennes) ist der Mittelpunkt des Grand Budapest Hotels, kennt doch nur er die Leidenschaften und Probleme eines jeden Hotelgasts und vermag auf diese wiederrum angemessen zu reagieren. Ganz nebenbei ist Gustave aber auch ein Frauenheld für Damen absolut jeden Alters, woraufhin er beim Tode der schrulligen Madame D. (Tilda Swinton) von dieser kurzerhand ein ungemein wertvolles Gemälde vermacht bekommt. Ihr Sohn Dimitri (Adrien Brody) kann diese Erniedrigung natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beschuldigt Gustave daraufhin des Mordes an seiner Mutter, woraufhin dieser nach einer kurzen Flucht ins Gefängnis kommt. Auch dort lernt Gustave jedoch eine Hand voller erlesener Mitgefangenen kennen, die wiederrum Gustave seine einzigartige Gabe zu nutzen wissen, um mit diesem zusammen einen Ausbruch zu planen. Zusammen mit Lobbyboy Zero (Tony Revolori) beginnt nun eine aufregende Flucht vor der Staatsgewalt, stets darauf bedacht weder Dimitri noch den anrückenden Deutschen in die Hände zu fallen.
Bereits in „Moonrise Kingdom“ bewies uns Wes Anderson das er bekannte Namen nicht als alleiniges Mittel zum Zweck zu nutzen versteht, mit „Grand Budapest Hotel“ übertrifft er sich nun noch einmal selbst. Ralph Fiennes, F. Murray Abraham, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Bill Murray, Edward Norton, Léa Seydoux, Tilda Swinton, Tom Wilkinson und Owen Wilson, alle in nur einem Film? Was anderen Filmen das Genick brechen würde funktioniert hier auf wundersamer Weise dennoch, was in erster Linie jedoch vornehmlich daran liegt, dass Anderson das nötige Gespür dafür besitzt, jedem dieser großen Namen für einen kurzen Moment den nötigen Freiraum zu geben, diese es ihm wiederrum damit danken, kurz auf die bekannten Star-Attitüden zu verzichten.
Lose basierend auf den Schriften des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig (Die Schachnovelle) kann man „Grand Budapest Hotel“ dennoch als beinahe typischen Anderson bezeichnen, wenn er ein Hotel erschafft, dass es so natürlich nur in der Phantasie geben kann. Jede Menge schrulliger Figuren, ein unmöglich selbstbewusster Concierge und eine Geschichte, die mitten im aufkommenden Krieg mit Deutschland angesiedelt ist. Im direkten Vergleich mit „Moonrise Kingdom“ muss man diesem Werk nun wesentlich weniger Witz zugestehen, was in dieser Form jedoch alles andere als negativ gemeint ist. Hier dominiert vielmehr der unterschwellige Humor, die verschiedensten Figuren mit ihren ganz besonderen Eigenarten sowie sagenhafte Dialoge, die man erst beim mehrmaligen schauen in ihrer Gänze realisieren kann.
Es ist aber nicht nur der Charme auf Dialogebene, sondern ebenso das Spiel mit dem visuellen. Anderson springt vom Jahre 1982 ins Jahr 1968, nur um dieses wiederrum als Ausgangsbasis zu nehmen, um die Geschichte selber aus dem Jahre 1932 heraus zu erzählen. Diese wird in gleich fünf Kapitel unterteilt, bei denen Anderson ein jedes Mal das Bildformat ändert, um die verschiedensten Perioden nicht nur zeitlich, sondern gleichwohl auch visuell von einander zu trennen. Das malerische Grand Budapest Hotel soll bei alledem natürlich stets im Mittelpunkt stehen, welches im fiktiven Zubrowka angesiedelt ist, von den Außenaufnahmen her aber in Görlitz gedreht wurde. Das malerische überwiegt, eine jede Szene scheint perfekt auf jene zuvor und danach abgestimmt zu sein, während sich die großen Namen bei alledem natürlich die Hand reichen. Oft sind es nur kurze Szenen die Darsteller wie bspw. Jude Law, Bill Murray oder Edward Norton innehaben, doch alle versprühen dieses gewisse Etwas, wenn sie an Andersons Werk teilnehmen dürfen.
Anderson hat sich in der Vergangenheit ganz ohne Frage einen Namen gemacht, durch den diese Extravaganzen möglich sind, auf der anderen Seite hat er aber auch mehr als nur einmal bewiesen, dass er das nötige Talent besitzt, das ihm zur Verfügung gestellte Material optimal zu nutzen. Im Falle von „Grand Budapest Hotel“ sind es rund 100 großartige Minuten sowie die Gewissheit, mit Tony Revolori (The Perfect Game) einen Jungdarsteller gefunden zu haben, von dem wir in Zukunft hoffentlich noch einiges hören werden.
Mit „Grand Budapest Hotel“ ist Wes Anderson ein einzigartiges Werk gelungen, denn diesmal verbindet er große Namen mit einem ganz besonderen visuellen Stil sowie einer Geschichte, die ihres gleichen sucht. Ganz großes Kino, das man sich nicht entgehen lassen sollte.