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Der Iran Job

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 18. Mai 2014

Der Iran Job

Versucht man als durchschnittlich gebildeter Europäer den Iran zu beschreiben, so denkt man als erstes an sehr schwierige politische Strukturen, unterdrückte Frauen und an ein Land das sich gerade im Umbruch befindet, am wenigsten jedoch an Basketball, der dort im wahrsten Sinne des Wortes gelebt wird.

Es sollte sich als unglaublicher Zufall herausstellen als der deutsche Regisseur Till Schauder (Santa Smokes) im Jahre 2008 vom US-amerikanischen Basketballprofi Kevin Sheppard erfuhr, der nach einigen Jahren in China, Südamerika und Israel nun beim neugegründeten Team A.S. Shiraz anheuert, dass im Iran soeben erst den Aufstieg in die Iranian Super League vollzogen hat. Für teures Geld wurde Sheppard eingekauft, sofort zum Captain des Teams befördert, soll es doch an ihm liegen diesem jungen und unerfahrenen Team all das zu vermitteln, was es benötigt um in die Playoffs einzuziehen.

Der Iran JobIm Grunde sollte es für Kevin Sheppard nur eine weitere Station in seiner Basketballkariere sein, er wollte im „Feindesland“ spielen, während die politischen Streitereien zwischen den USA und dem Iran in vollem Gange waren. Mit Worten wie „I try to keep away from politics“ wird gleich zu Beginn jener Standpunkt dargelegt, dass er sich wie in der Vergangenheit vom politischen Geschehen des Landes fernzuhalten beabsichtigt, wodurch sich insbesondere das erste Drittel von „Der Iran Job“ rein auf den sportlichen Aspekt zu konzentrieren versucht. Es wird in einer tabellarischen Übersicht immer wieder die aktuelle Tabelle dargelegt, es werden kurze Ausschnitte aus den jeweiligen Spielen gezeigt, während Sheppard langsam aber sicher realisieren muss, dass Basketball im Iran weit mehr als einfach nur Sport ist.

Regisseur Till Schauder versucht dies mit einer versteckten Digitalkamera immer wieder einzufangen, doch da Schauder nur ein Touristenvisum besitzt und auch keine offizielle Drehgenehmigung erteilt bekommen hat, sind diese Aufnahmen zum Teil alles andere als professionell geworden. Daraus resultiert auch das ein Großteil der 90 Minuten innerhalb von Gebäuden spielt, wenn sich etwa Sheppard zusammen mit seinem serbischen Teamkollegen Zoran im gemeinsamen Apartment über die gesellschaftlichen Probleme des Landes unterhält und sich ein ums andere Mal darüber aufregt, dass man dort einfach kein Bier zu kaufen bekommt.

Der Iran JobDiese Sichtweise ändert sich schon bald, denn mit seiner Physiotherapeutin und ihren beiden Freundinnen beginnt sich „Der Iran Job“ langsam aber stetig vom Sportlerdrama zu entfernen und zumindest im Ansatz hinter die Kulissen dieses Landes zu schauen. Die drei Damen entstammen der intellektuellen Mittelschicht, berichten über kulturelle, gesellschaftliche und politische Aspekte ihres Landes, während außerhalb der kleinen Wohnung der Wahlkampf zwischen Ahmadinedschad und Oppositionsführer Mussavi in die heiße Phase geht und schon bald als grüner Frühling bezeichnet werden wird.

Themen wie Frauenrechte kommen natürlich offen durch die drei Damen zur Aussprache, politische Probleme werden genauso angeschnitten wie arrangierte Ehen, doch kratzt bei alledem Till Schauder doch bestenfalls an der Oberfläche. Man könnte „Der Iran Job“ im weitesten Sinne als Sportlerdrama bezeichnen das den Spagat zwischen Sport und Politik zu gehen versucht, das einem Amerikaner die muslimische Kultur ein wenig näher bringt und gleichzeitig jenen Umbruch zumindest oberflächlich zeigt, der im Jahre 2009 versucht wurde zu vollziehen. Das bei alledem ausgerechnet gleich drei Frauen im Laufe der 90-minütigen Dokumentation ungewollt ins Zentrum rücken mag im ersten Moment negativ erscheinen, doch spiegeln gerade sie jene neue Generation wieder, die in einigen Jahren bereit sein könnte für ihre Rechte auf die Straße zu gehen und zu kämpfen.

Mit „Der Iran Job“ ist Regisseur Till Schauder ein ungewohnter Blick auf den Iran gelungen, wo weniger der Sport im Mittelpunkt des Geschehens stehen soll als vielmehr der ungeschönte Versuch dreier Frauen, die jeweiligen politischen wie auch kulturellen Probleme ihres Landes zu thematisieren.

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Wir vergeben daher 7 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Real Fiction, Good!Movies

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Der Iran Job

Länge: 90 min

Kategorie: Documentary

Start: 16.05.2014

cinetastic.de Filmwertung: (7/10)

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Bewertung Extras: (6/10)

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Info

Der Iran Job

Der Iran Job

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 90 min
Kategorie: Documentary
Start: 16.05.2014

Bewertung Film: (7/10)

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