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Laurence Anyways

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 5. Januar 2014

Laurence Anyways

Im Alter von gerade einmal 23 Jahren stellte der kanadische Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Xavier Dolan bei den Filmfestspielen von Cannes im Jahre 2012 seinen dritten Langspielfilm „Laurence Anyways“ vor, der bei seiner Weltpremiere nicht nur erstaunte, sondern die Kritiker auch zumeist zu überschwänglichen Kritiken verleitete. Ganz ähnlich gestaltete sich der Tenor bei der anschließenden Deutschlandpremiere beim Filmfest Hamburg im selben Jahr, weswegen es zuweilen gänzlich unverständlich war, warum der Zuschauer auf diese sensationelle Liebesgeschichte noch beinahe ein Jahr warten musste, um sie auch bei uns im Kino zu genießen.

Kanada im Jahre 1989: Laurence (Melvil Poupaud) und seine Freundin Fred (Suzanne Clément) sind bereits seit zwei Jahren ein Paar, lieben sich bedingungslos und teilen jede freie Minute miteinander, während ihre Freunde sie beneiden. So glücklich beide zusammen auch sind, so unwohl fühlt sich Laurence in seinem eigenen Körper, was er Fred eines Tages auch gesteht. Er sieht sich seit seiner frühsten Kindheit eher als Frau, möchte gern Frauenkleider tragen und zu dem stehen was tief in seinem innersten schlummert, doch verkraftet dies auch seine Beziehung? Während Fred ihn noch immer liebt, stoßen sie schon bald von allen Seiten auf Wiederstände, Vorurteile und Zweifel, worunter langsam aber sicher auch die Größte Liebe zu zerbrechen droht…

Laurence AnywaysMit seinen 23 Jahren hat der kanadische Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Xavier Dolan bereits mehr erreicht als andere in ihrem ganzen Leben, denn neben der Ehre seinen erst dritten Film bei den Filmfestspielen in Cannes vorstellen zu dürfen, wurde ihm dort nicht nur die Queer Palm, sondern ebenso seiner Darstellerin Suzanne Clément (Ich schwör’s, ich war’s nicht!) der Preis für die Beste weibliche Hauptrolle überreicht. Ähnlich wie in seinen letzten Werken „Herzensbrecher“ und „I Killed My Mother“ versucht sich Dolan in seinem neusten Film einem nicht ganz alltäglichen Thema zu widmen, was nicht nur einen gewissen Mut seinerseits voraus setzt, sondern gleichwohl eine feinfühlige Aufgeschlossenheit, um dieses sensible Thema für den Zuschauer angenehm aufzubereiten.

Angesiedelt in den Anfängen der 90er Jahre versucht Dolan die Geschichte eines Mannes zu erzählen der sich bereits seit Jahren in seinem Körper unwohl fühlt, sich selber Zeit seines Lebens als Frau sah und nun versucht jenen Schritt für eine Veränderung zu unternehmen, ohne dabei seine Lebensgefährtin zu verprellen. Um dies zu erreichen versucht Dolan überaus feinfühlig die verschiedensten Figuren dem Zuschauer zu präsentieren, die jeweiligen Hintergründe auszuleuchten und sich so langsam jener Veränderung zu widmen, die nicht nur mit Laurence vonstatten gehen soll, sondern vor allem mit seiner Umwelt.

Laurence AnywaysEntgegen so mancher Meinungen soll sich aber gerade die Jugend in den 90er Jahren für genau diese Veränderung am ehesten gewappnet sehen, denn wenn Laurence in einer prägenden und überaus emotionalen Szene sich zum ersten Mal als Frau vor seine Klasse stellt, soll nach einem kurzen betretenden Schweigen nicht etwa seine neue Lebensweise angesprochen werden, sondern von einer Schülerin vielmehr der verpasste Unterrichtsstoff. Das leider nicht alle so aufgeschlossen sind soll sich jedoch schon bald offenbaren, denn neben diversen besorgten Eltern und einer unaufgeschlossenen Schulleitung soll vor allem das direkte Umfeld Probleme bereiten, was in Form seiner Mutter und Fred ihrer Schwester am besten veranschaulicht wird.

Mit einem Kommentar aus dem Off der auf eine Reporterin zurückzuführen ist versucht Dolan nun die folgenden zehn Jahre mit diversen Höhepunkten und Schicksalsschlägen zu erzählen, in denen die Liebe zwischen Laurence und Fred immer wieder zerbricht und sie beide dennoch nicht voneinander loslassen können. Zuweilen gestaltet sich dies bei einem knapp dreistündigen Werk recht ermüdend, andererseits überzeugt Dolan dank seiner Darsteller mit einer solch fesselnden Geschichte, dass es schwer fällt die vergangene Zeit zu realisieren. Es ist aber nicht nur die Geschichte mit ihren zuweilen sehr intensiven Momenten, es ist auch das ungewöhnliche 4:3 Format sowie der eingehende Soundtrack der „Laurence Anyways“ nicht nur zu etwas ganz besonderem werden lassen, sondern definitiv auch zu einem der besten Liebesfilme die wir in den letzten Jahren haben sehen dürfen.

Laurence AnywaysAusschlaggebend für diesen Erfolg ist einerseits natürlich die intensive Geschichte Dolans die als Collage aus visuell beeindruckenden Bildern, einem stimmigen Soundtrack und dem besagten Kommentar aus dem Off daher kommt, andererseits aber vor allem der dargebrachten schauspielerischen Leistung von Melvil Poupaud (L’orpheline avec en plus un bras en moins) und Suzanne Clément zu verdanken ist, die wahrlich unglaubliches haben abliefern können. Wenn Poupaud die Wandlung vom Mann zur Frau durchmacht sind innere Ängste und Anspannungen förmlich zu spüren, doch Poupaud unterstreicht dies nicht etwa durch intensive Dialoge seiner Figur, sondern vielmehr durch ein überwältigendes Spiel seiner Mimik, die oft mehr sagt als es Worte vermögen würden. Wenn er der Reporterin gegenüber sitzt, seine Geschichte erzählt und auf einmal ganz verschmitzt zwinkert, kann er damit nicht nur die Reporterin, sondern gleichwohl ebenso den Zuschauer einfangen und zu Tränen rühren.

Nicht weniger gelungen gibt sich aber auch Suzanne Clément in der Rolle von Fred, die hin und her gerissen zwischen ihrer Liebe und einem stabilen Umfeld zu sein scheint. Wo will sie in ihrem Leben hin, was sind die Ziele, sind materielle Werte wichtiger als jene ultimative Liebe, die plötzlich in Gefahr zu sein scheint? Die hin und her Gerissenheit ihrer Figur sieht man ihr zu jeder Zeit an, was nicht nur in einem sehr intensiven Spiel mit gewaltigen Wutausbrüchen endet, sondern ebenso zu einer Glanzleistung die ihr in Cannes besagte bewährte Auszeichnung als Beste Darstellerin eingebracht haben.

Laurence AnywaysWer nun auf den Geschmack gekommen ist und „Laurence Anyways“ im Kino leider verpasst hat, den bietet sich nun die entsprechende Gelegenheit, denn Dolans Meisterwerk kommt im Verleih von NFP nun endlich auf Blu-ray und DVD ab dem 23. Januar 2014 in den Handel. Das Bild der Blu-ray ist mit 1080/24p gewohnt scharf und zeichnet sich in erster Linie durch eine sehr hohe Farbbrillanz aus, während der Ton in DTS-HD 5.1 in den Sprachen Deutsch und Französisch (unbedingt im französischen Original zu empfehlen) sehr gut auf die Boxen abgestimmt ist. Wie immer waren wir insbesondere auf die zusätzlichen Inhalte des Mediums gespant, die sich diesmal allerdings in Grenzen hielten. Neben dem Trailer und einigen Clips bekommen wir lediglich „Deleted Scenes“ geboten, die es nicht in die finale Fassung des Films geschafft haben. Besagte Szenen liegen allerdings in einem Umfang von beinahe 50 Minuten vor, was nicht nur spannendes und unerwartetes offenbart, sondern gleichwohl jene Dimension dem Zuschauer zeigt, die erreicht worden wäre wenn Dolan seinen Film wirklich als vierstündiges Werk konzipiert hätte.

Mit „Laurence Anyways“ hat Xavier Dolan mit seinen 23 Jahren einen der schönsten Liebesfilme der letzten Jahre abgeliefert, der nicht nur mit seiner ausgefallenen Geschichte, sondern insbesondere mit seinem Soundtrack und seinen beiden Hauptdarstellern zu überzeugen vermag. Man darf sich bereits jetzt auf seinen neusten Film „Tom à la ferme“ freuen, der allerdings noch keinen deutschen Verleih besitzt.

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Wir vergeben daher 8 von 10 Filmpunkten.

Copyright: NFP, Shayne Laverdière

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Laurence Anyways

Länge: 159 min

Kategorie: Drama, Romance

Start: 23.01.2014

cinetastic.de Filmwertung: (8/10)

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Bewertung Extras: (6/10)

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Info

Laurence Anyways

Laurence Anyways

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 159 min
Kategorie: Drama, Romance
Start: 23.01.2014

Bewertung Film: (8/10)

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