Die Filme rund um Regisseur Roland Reber und seinem WTP-Team sind beim besten Willen keine einfache Kost, denn weit entfernt vom normalen Autorenkino versuchen sie in erster Linie Themen anzusprechen, die nicht unbedingt alltagstauglich sind. Eines ihrer Kredos lautet dabei unbeeinflusst an ihre Arbeit heranzugehen, weshalb Reber auch bei seinem neusten Film „Illusion“ auf jedwede Fördergelder verzichtet und alle Positionen mit gestandenen WTP Darstellern besetzt.
Eingeteilt in gleich drei Ebenen versucht Regisseur Roland Reber (Engel mit schmutzigen Flügeln) diesmal mit „Illusion“ eine Geschichte über den Menschen, seine Verstecktheit und die oftmals resultierende Verlogenheit zu erzählen, mit der sich die Gesellschaft mehr denn je konfrontiert sieht. Diese drei Ebenen bestehen aus der privaten in der am Anfang die unterschiedlichsten Figuren in rund 15 Minuten vorgestellt werden, einem Mittelteil in einer Bar den man wohl am ehesten als Übergang bezeichnen könnte sowie einer Traumebene, in der die verschiedensten Beteiligten ihre Sehnsüchte ausleben.
Das entstandene Produkt kann sich letztendlich durchaus sehen lassen, denn vergleicht man „Illusion“ mit Rebers letztem Werk „Die Wahrheit der Lüge“, ist ein deutlicher Fortschritt zu bemerken, auch wenn man beide Filme nur schwer miteinander vergleichen kann. Erneut gab es bei „Illusion“ nur im Ansatz so etwas wie ein richtiges Drehbuch, die einzelnen Phasen wurden am ehesten nacheinander abgedreht, während man in den einzelnen Szenen die Darsteller zur Improvisation ermutigte, als ein starres Gerüst vorzugeben. Daraus resultiert das „Illusion“ weit vom normalen Autorenkino entfernt ist, denn obwohl die ausschweifenden philosophischen Dialoge zumeist recht hochtrabend daherkommen, ist die inhaltliche Botschaft doch recht übersichtlich.
Genau daraus resultiert auch eine gewisse Langeweile die insbesondere in den längeren Szenen in der Bar zu Tage treten, wenn sich die verschiedensten Personen versuchen zu unterhalten. Da haben wir den Fußballfan der noch nie bei einem Spiel war, der Pfarrer der von der Liebe predigt und seine eigene Ehe vernachlässigt, eine Therapeutin die unglaublich verschlossen ist sowie viele andere Seelen, die an diesem gemeinsamen Ort zusammen finden. Die einen oder anderen Figuren gehen bei diesen Gesprächen auf, verlieren sich in anregenden Dialogen und nach und nach in ihre eigene Traumwelt, die mit der dritten Ebene gleichzusetzen ist. Diese dritte Ebene ist nun mit einer sehr offenen Sexualität gezeichnet, wenn sich beispielsweise die verklemmte Psychologin plötzlich einer Massenvergewaltigung ausgesetzt sieht, eine junge Dame aus der Bar plötzlich nackt in den verschiedensten Männerträumen erscheint oder aber eine erste Annäherung zwischen zwei Frauen praktiziert wird.
Das diese Träume durchaus auch anders aufgebaut sein können beweist uns die Figur des Pfarrers, bei der Gott plötzlich auf einer Harley auf ihn zufährt. Die einen oder anderen mögen dieser konzeptionellen Aneinanderreihung von improvisierten Dialogen und Szenen nur wenig abgewinnen können, ganz andere werden gelangweilt den Kinosaal weit vor dem Ende des Filmes verlassen, wiederrum andere sehen einen Roland Reber, der nun seinen wohl besten Film bisher abgeliefert hat. Zu welcher Gruppe man auch gehören mag, „Illusion“ ist kein einfaches Werk, es ist kein Film der sich einem auf Anhieb erschließt, es ist vielmehr eine Form der Unterhaltung, die in ihrem Nischendasein inzwischen ihren durchaus berechtigten Platz gefunden hat, wo man versucht unbeeinflusst durch Geldgeber seine Visionen und Träume zu realisieren.
Erwähnenswert ist bei „Illusion“ ebenso die Musik die erstmalig von Schauspielerin Antje Nikola Mönning (SOKO Köln) komponiert wurde. Als Mischung zwischen den verschiedensten Stilrichtungen gelingt es Mönning nicht nur die Atmosphäre in der Bar zusätzlich zu unterstreichen, sondern insbesondere den verschiedensten Traumwelten ihre ganz eigene musikalische Untermalung zu verpassen.
Roland Rebers „Illusion“ ist das bisher wohl stärkste Projekt des WTP-Teams, das sich in seinen drei Ebenen ganz unterschiedlich dem Leben seiner Figuren annähert. Bei alledem fallen einzig und allein jene Szenen negativ auf in denen man sich zu stark mit der Figur des Christian beschäftigt, die zu schnell vom Zuschauer als nervtötend empfunden werden kann.