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Paradies: Hoffnung

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 9. März 2013

Paradies: Hoffnung

Der aus Österreich stammende Regisseur Ulrich Seidl hat sich längst einen internationalen Namen über die Grenzen seines Landes hinweg gemacht. Während er mit Filmen wie „Hundstage“ in erster Linie mit verstörenden Bildern in Erinnerung bleibt, versucht er mit seiner Paradies-Trilogie völlig neue Wege zu beschreiten. Nachdem wir euch erst kürzlich mit „Paradies: Liebe“ und „Paradies: Glaube“ die ersten beiden Teile vorgestellt haben, folgt mit „Paradies: Hoffnung“ der dritte und letzte Teil, der zum ersteren wieder den Bogen spannt.

Die erste 13-jährige Melanie (Melanie Lenz) ist ein typisches Mädchen in der Pubertät, doch wo andere gleichaltrige Mädchen bereits einen ersten Freund haben, hat Melanie mit anderen Problemen zu kämpfen, denn sie ist übergewichtig. Während ihre Mutter (Margarete Tiesel) Urlaub in Kenia macht und ihre Tante (Maria Hofstätter) in christlicher Mission unterwegs ist, verbringt Melanie die Ferien in einem Diätcamp, um mit einer ausgewogenen Ernährung einer Ernährungsberaterin (Vivian Bartsch) und reichlich Bewegung durch einen Sportlehrer (Michael Thomas) die Pfunde purzeln zu lassen. Doch wo Melanie mit Verena (Verena Lehbauer) eine neue Freundin findet, findet sie gleichzeitig mit dem behandelnden Camp-Arzt (Joseph Lorenz) ihre erste große Liebe…

Paradies: HoffnungÜber die erschaffenen Filme vom Österreicher Ulrich Seidl (Jesus, Du weisst) kann man sich durchaus streiten, nichts desto trotz hat er es mit seiner Geschichte dreier Frauen auf die drei bedeutendsten Filmfeste in Europa geschafft, wo dieser einen jenen Film seiner Trilogie im Wettbewerb antreten lassen durfte. In Cannes machte er mit „Paradies: Liebe“ den Anfang und zeigte den Sextourismus in Kenia, in Venedig folgte mit „Paradies: Glaube“ die Geschichte der streng gläubigen Tante, nur damit nun auf der Berlinale mit „Paradies: Hoffnung“ der dritte und letzte Teil seiner Trilogie folgt, bei dem er den Fokus auf die 13-jährige Tochter legt.

Mit seinem dritten und letzten Werk schließt Seidl den Kreis zu „Paradies: Liebe“, der genauso wie „Paradies: Glaube“ parallel spielt, nur das dies diesmal der Zuschauer auch essentiell merkt, wenn Melanie beispielsweise vergeblich versucht ihre Mutter anzurufen, die in Kenia ihren eigenen Problemen hinterher rennt und versucht diese zu bewältigen. Während bei ihrer Mutter und ihrer Tante die Suche nach Liebe und Zuneigung wohl bereits vergebens ist, ist Melanie erst am Anfang ihrer Entdeckungsreise, doch genauso wie Seidl bereits im ersten Teil seiner Trilogie recht untypische Bilder von dicken Menschen in den Fokus rückte, versucht er es auch in „Paradies: Hoffnung“ erneut.

Paradies: HoffnungIn diesem geht es aber nicht nur um dicke Jugendliche in einem Diätcamp die des Nachts ausbrechen und den Kühlschrank leeren, es geht vor allem um die unerwiderte Liebe, der sich Melanie immer wieder ausgesetzt sieht, wenn sie fast täglich ihren zuständigen Camp-Arzt besucht. Dieser macht ihr unnötige Hoffnungen und stößt sie im selben Augenblick wieder zurück, wohl wissend um die unmögliche Liebe, die er keinesfalls zulassen darf.

Verglichen mit den ersten beiden Filmen vermisst man in „Paradies: Hoffnung“ dieses letzte Stück Anstößigkeit das man von Seidl bisher gewohnt war, denn obwohl er mit seinen Andeutungen immer genau in jene Richtung geht die der Zuschauer von ihm bereits gewohnt war, macht er eigenartigerweise immer kurz vorher wieder halt. Dies mag womöglich den Gesetzmäßigkeiten der minderjährigen Hauptdarstellerin geschuldet sein, womöglich seinem wenig substantiellen Drehbuch – das für seine Verhältnisse mit 91 Minuten fast kurz ausgefallen ist – oder dem Arbeiten mit Laiendarstellern, es fehlt das letzte Quäntchen anstößige und erschreckende, mit dem Seidl zuletzt immer zu provozieren wusste.

Paradies: HoffnungNeben den typischen Alltagsproblemen die Seidl hier versucht darzustellen, den bekannten Entwicklungen innerhalb der Pubertät und dem angedeuteten Kindesmissbrauch (der nie vollzogen wird) fällt gerade dieser dritte und letzte Teil gegenüber seinen Vorgängern merklich ab. Die Geschichte selber ist gut gestrickt aber leider wenig originell, während die immer wieder gleichbleibenden statischen Kameraeinstellungen die Szenerie beobachten, ohne das die Bilder etwas Bewegung erhalten. Dies mag in „Paradies: Liebe“ und „Paradies: Glaube“ noch funktioniert haben, hier fällt es dem Zuschauer mehr und mehr negativ auf.

Im Bereich der Darsteller überzeugt vor allem Melanie Lenz in ihrem Debüt, kann sie ihrer Figur doch soviel Leben einhauchen, als dass einerseits das in der Pubertät steckende Mädchen glaubhaft dargestellt wird, andererseits aber auch jene Liebe, die sie für den Arzt empfindet. Dabei ist der Grad zwischen Liebe und Zurückweisung jederzeit schmal und dennoch klar herauslesbar, sodass Lenz diese schwierige Figur mit Bravour meistert. Mit Verena Lehbauer gibt jedoch noch eine zweite Darstellerin in „Paradies: Hoffnung“ ihr Debüt, doch wo ihre Figur im Ansatz einige durchaus sehenswerte Szenen hat, verliert sich diese doch leider im späteren Verlauf des Filmes in bekannten Klischees. Hier hätte man gerade von Seidl mehr erwartet, was die Konzeption seiner Figuren betrifft.

„Paradies: Hoffnung“ bleibt leider als der schwächere Film der Paradies-Trilogie in Erinnerung, was vor allem dem Drehbuch geschuldet ist. Seidl weckt oft Erwartungen beim Zuschauer die unerfüllt bleiben, die bekannten Grenzüberschreitungen seiner Filme wurden hier fast gänzlich normalisiert, sodass dieser Werk leider nur wenig Neues für den Zuschauer zu bieten hat.

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Wir vergeben daher 6,5 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Neue Visionen Filmverleih

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Paradies: Hoffnung

Länge: 91 min

Kategorie: Drama

Start: 16.05.2013

cinetastic.de Filmwertung: (6,5/10)

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Info

Paradies: Hoffnung

Paradies: Hoffnung

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 91 min
Kategorie: Drama
Start: 16.05.2013

Bewertung Film: (6,5/10)

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