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Herr Wichmann aus der dritten Reihe

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 31. März 2013

Herr Wichmann aus der dritten Reihe

Vor gerade einmal zehn Jahren porträtierte der in Gera geborene Regisseur und Drehbuchautor Andreas Dresen in „Denk ich an Deutschland – Herr Wichmann von der CDU“ (2003) bereits den jungen und aufstrebenden CDU Politiker Henryk Wichmann, wie dieser recht erfolglos versuchte trotz seines parallel verlaufenden Jura Studiums ein Direktmandat für den Bundestag zu erlangen. Inzwischen sitzt Wichmann im Brandenburger Landtag und auch diese Geschichte soll erneut so viel Potential beinhalten, dass sich Dresen dazu entschloss den überaus lockeren CDU Politiker ein volles Jahr lang zu begleiten.

Den Sprung in den Brandenburger Landtag hat Henryk Wichmann einzig und allein dem Zufall zu verdanken, denn eigentlich war dieser die Nummer 20 auf 19 zu verteilenden Sitze, woraufhin es schließlich jemand anderes ins Europaparlament zog und Wichmann dahingehend glücklicherweise nachrückte. Regisseur und Drehbuchautor Andreas Dresen (Halbe Treppe) fand diesen Umstand so interessant das er sich entschloss Wichmann erneut ein ganzes Jahr lang zu begleiten, doch wo im ersten Film noch der Fokus auf dem eigentlichen Wahlkampf ruhte, rücken diesmal die verschiedensten kommunalen Probleme in den Fokus, denen sich Wichmann in seiner gewohnt lockeren und dennoch stringenten Art zu widmen versucht.

Herr Wichmann aus der dritten ReiheIm Zeitraum zwischen Sommer 2010 und dem Sommer 2011 begleitete Dresen Herrn Wichmann rund 100 Stunden bei seinen verschiedensten Alltagstätigkeiten, die der inzwischen 33-jährige und dreifache Familienvater tagtäglich zu erledigen hat. Da dreht es sich um einen Radweg der wegen den Schreiadlern nicht gebaut werden darf, obwohl direkt auf der anderen Seite eine nicht gerade leise Autobahn verläuft, oder aber um eine Haltestelle der deutschen Bahn, wo diese aus fadenscheinigen Sicherheitsbedenken heraus es zukünftig unterlässt die Türen zu öffnen.

Das es Henryk Wichmann gar nicht um die wirklich großen politischen Veränderungen geht ergibt sich bereits aus seiner Tätigkeit in der Opposition, doch entgegen der ersten Dokumentation vor nunmehr zehn Jahren wird nicht mehr auf den anderen Parteien herum gehackt, sondern durchaus auch ein gewisses Miteinander bewiesen. Kleinere Probleme klärt dieser bei einem Kaffee schon einmal mit seinem Kollegen von der SPD, während er zusammen mit den Grünen und diversen Naturschützern ein Problem in der Uckermark angeht, dass bereits seit über 15 Jahren vor sich hin vegetiert. Bei besagtem Problem ist es noch immer nicht erlaubt das Segelbote durch einen kleinen Kanal im Uckersee fahren, befinden sich doch unzählige schützenswerte Arten in den anliegenden Schilfgürteln.

Herr Wichmann aus der dritten ReiheNatürlich geht es in „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ nicht nur um kleine kommunale Probleme die sich Wichmann in seiner bürgernahen Art und Weise gern anzunehmen vermag, sondern auch um diverse Sitzungen im Brandenburger Landtag, wo sich für den Zuschauer leider so manch positives wie auch negatives Vorurteil bewahrheitet. Ganze Bankreihen zeugen von abwesenden Politikern die scheinbar etwas besseres zu tun haben, es wird privat getuschelt statt dem Vortragenden zuzuhören und bei den Abstimmungen stimmt man generell gegen jeden guten Vorschlag, verlangt dies doch die eigene Partei. Wie sagte Henryk Wichmann einmal so schön, man stimmt so wie es die eigene Partei verlangt und selbst wenn ein guter Vorschlag einmal abgeschmettert wurde, so kann man trotzdem darauf hoffen, dass diesen die Gegenseite einige Jahre später erneut aufgreift und als ihre eigene Idee auszugeben versucht.

Einen der etwas negativeren Aspekte ist dabei jedoch eine Szene in der ein sehr junger Politiker im Landtag das Wort ergreift und Wichmann diesen negativ mit seinen Sprüchen unterbricht und ihn mehrmals „Jungchen“ nennt. Zum einen zeugt dies nicht gerade von Größe und Anstand hinsichtlich seiner eigenen schweren Startphase als 17-jähriger in der CDU, zum anderen muss man ihm aber auch ein Kompliment aussprechen, dass er diese eher negative Szene nicht hat aus dem Film streichen lassen, hatte Wichmann doch bei jeder Szene das letzte Wort.

Herr Wichmann aus der dritten ReiheAb dem 28. März 2013 ist Andreas Dresen seine neuste Dokumentation „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ im Verleih von good!movies auf DVD im Handel erhältlich und all jenen zu empfehlen, die Lokalpolitik einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel bestaunen möchten. Das Bild der DVD ist im Bildformat 16:9 erneut scharf und reich an Farben, während der Ton in Dolby Digital 5.1 gut auf die Boxen abgestimmt ist. Wie immer waren wir gespannt auf das zusätzliche Material des Mediums, was sich im Gegensatz zu vielen anderen Dokumentationen durchaus sehen lassen konnte. Neben dem Trailer zum Film, einem recht spannenden mehrseitigen Booklet mit einem Interview und ganzen 15 zusätzlichen Szenen (29 Minuten), gibt es noch ein rund 22-minütiges Interview mit Regisseur Andreas Dresen und Henryk Wichmann, dass durch Knut Elstermann moderiert wird. Hier werden viele interessante Parallelen zur ersten Dokumentation aufgeworfen, Hintergründe zu Wichmanns und Dresens Intension zum Film erklärt und natürlich einige kuriose Sachverhalte erzählt.

In „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ wird keine große Politik gemacht, sondern in erster Linie viele kleine Probleme auf kommunaler Ebene gelöst. Ohne eine bestimmte Partei in den Vordergrund zu stellen treten so überaus interessante Szenen zu Tage, in deren Mittelpunkt sich ein durchaus sympathischer Politiker befindet.

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Wir vergeben daher 7 von 10 Filmpunkten.

Copyright: good!movies, Piffl

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Herr Wichmann aus der dritten Reihe

Länge: 90 min

Kategorie: Documentary

Start: 28.03.2013

cinetastic.de Filmwertung: (7/10)

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Bewertung Extras: (6/10)

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Info

Herr Wichmann aus der dritten Reihe

Herr Wichmann aus der dritten Reihe

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 90 min
Kategorie: Documentary
Start: 28.03.2013

Bewertung Film: (7/10)

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