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Die Königin und der Leibarzt

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 17. Februar 2012

Die Königin und der Leibarzt

Dänemark 1766. Die britische Prinzessin Caroline Mathilde (Alicia Vikander) heiratet jung den dänischen König Christian (Mikkel Folsgaard) und muss schon beim ersten Treffen feststellen, dass mit diesem etwas nicht stimmt. Während beide Kutschen am Treffpunkt angekommen sind, sie nur zaghaft diese verlässt und schließlich zum König hinüber schaut, sieht sie nichts weiter als einen Baum, um den die Wachen herum stehen. Leise kichernd kommt hinter diesem Baum ein Mann hervor und somit der dänische König Christian, der mehr einem Kasper ähnelt, als einem Mann, der ein ganzes Land zu führen vermag. Die Ehe steht schon seit dem ersten Tag unter keinem guten Stern und dennoch soll es bis ins Jahre 1768 dauern, bis Christian auf seiner Europareise mit dem Stadtphysikus und Armenarzt Johann Friedrich Struensee (Mads Mikkelsen) zurück kehr. Während Struensee gekonnt den König zu beschäftigen weiß und sich dessen Freundschaft schnell habhaft werden kann, ist es doch insbesondere Caroline, die an ihm und seinen Ideen der Aufklärung gefallen finden kann. Beide verlieben sich in einander, zeugen gar eine Tochter und übernehmen mit einer Generalvollmacht die Staatsgeschäfte, wo sie umfassende Reformen vornehmen. Der Adel jedoch, der um Besitz und Macht fürchtet, heckt einen fürchterlichen Plan aus…

Basierend auf dem Roman „Prinsesse af blodet“ von Bodil Steensen-Leth erschuf der dänische Regisseur Nikolaj Arcel – der ebenfalls für die Stig Larson Trilogie verantwortlich war – eine Geschichte rund um ein Paar zweier Liebenden, die nicht nur unterschiedlicherer Herkunft seien konnten, sondern sich auch verantwortlich zeichneten, dass in Europa die Zeit der Aufklärung an brach und umfangreiche Gesetzesänderungen in Kraft traten. Verantwortlich für die Adaption des Buches sind die Drehbuchautoren Rasmus Heisterberg (Verblendung) und Nikolaj Arcel (Millennium), die zwar eine durchaus gelungene Liebesgeschichte entworfen haben, die eigentliche historische Botschaft aber fast vollständig ignorierten.

Erst kürzlich haben wir mit „Leb wohl, meine Königin!“ erfahren wie es sein kann, wenn man politische Umbrüche versucht historisch aufzubereiten und diese dennoch mit einer gelungenen Geschichte verknüpft. Die Herren Heisterberg und Arcel aber versteifen sich in „Die König und der Leibarzt“ so ungemein in die Liebesgeschichte, welche zwar äußerst charmant und herzzerreißend aufgebaut ist, uns aber nicht viel neues liefert, was wir nicht schon aus ähnlichen Filmen erfahren haben, die diese Epoche haben abhandeln wollen. Vielmehr wäre hier der eigentliche Ansatz interessant gewesen, wie Caroline und Struensee es geschafft haben, für Europa den Grundstein der Aufklärung zu legen. Es wurde die Presse und Meinungsfreiheit durchgesetzt, es gab ein neues Schulwesen, Einrichtungen für Waisenkinder und eine Reduzierung der Privilegien des Adels, die ihn letzten Endes sogar den Kopf kosten sollten. All dies wurde zwar immer beiläufig angedeutet, jedoch stand vielmehr die Beziehung beider im Vordergrund, als genau diese historischen Umbrüche. Viel schlimmer jedoch ist dies gegen Ende, wenn sich die eigenen Reformen gegen Struensee stellen, indem er durch Flugblätter verleumdet wird. Er selbst ruft das Gesetzt der Meinungsfreiheit zurück und es wird in keiner Weise dargestellt, wie die innere Aufruhr dafür ihn fast innerlich zerreißt. Grade in diesen Momenten, wo er gegen seine eigenen Ideale verstoßen muss um sich, seine Königin und sein Kind zu retten, währen es wert gewesen, genauer beleuchtet zu werden.

Die Königin und der LeibarztIm Grunde ist „Die König und der Leibarzt“ so nicht mehr als eine durchschnittliche Liebesgeschichte aus dem 17. Jahrhundert, die zwar durchaus das weibliche Publikum unterhalten, viel tiefgründigere Charakterzüge aber kaum aufweisen kann. Dabei war der Grundstein mit den überaus sympathischen Charakteren im Grunde schon gelegt, konnte doch vor allem die Figur des Struensee – gespielt von Mads Mikkelsen (James Bond 007 – Casino Royale) – gefallen finden. Mit seinen wilden langen Haaren, die im direkten Kontrast zum sonstigen königlichen Personal stehen, symbolisiert dieser in erster Linie den Aufbruch in eine neue Zeit, den Aufbruch in eine Zeit der Veränderung. Zusammen mit Alicia Vikander (Kronjuvelerna) bildet dieser zwar ein herzerweichendes Paar, viel mehr aber kann Vikander dazu nicht beisteuern. Schon besser hat Mikkel Folsgaard (Nordlicht – Mörder ohne Reue) die Rolle des leicht verrückten und psychisch angeschlagenen Königs gespielt, der angeblich so geworden ist, weil zu zuviel Masturbiert (!) hat. Ohne die Diagnose seiner eigenen Ärzte weiter zu beachten entsteht so in erster Linie eine Rolle, die verrückter kaum gespielt werden kann. Immer dieses eigenartige Kichern, der Drang zur Verspieltheit, auf der anderen Seite aber wieder sein aufbrausendes Temperament, phantastisch.

In wunderbaren Bildern schafft es Nikolaj Arcel so, uns die schöne heile Welt von Dänemark vorzuspielen, dass sonst keine Probleme zu kennen scheint. Abgesehen von den anfangs zu sehenden dreckigen Straßen, wirkt der Film im Großen und Ganzen einfach zu sauber. Obwohl im Vordergrund die Liebesgeschichte steht, gäbe es doch soviel Möglichkeiten, dem Film etwas mehr Leben zu verschaffen. Nicht alles war so schön wie es dargestellt wurde, nicht alles so prächtig wie man uns glauben machen mag, hat dies doch Benoît Jacquot in „Leb wohl, meine Königin!“ in seiner Adaption von Versailles schon bestens unter Beweis gestellt.

„Die Königin und der Leibarzt“ vom Dänen Nikolaj Arcel hat durchaus seine sehenswerten Momente, kann dieser doch in erster Linie mit einer guten Liebesgeschichte überzeugen. Leider jedoch ist dies alles nicht neu und so versinkt hier großes Potential, hätte man doch gerade den Teil der Aufklärung besser ausbauen können.

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Die Königin und der Leibarzt

Länge: 128 min

Kategorie: History, Drama, Romance

Start: 19.04.2012

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Die Königin und der Leibarzt

Die Königin und der Leibarzt

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 128 min
Kategorie: History, Drama, Romance
Start: 19.04.2012

Bewertung Film: (6/10)

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