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Happy Burnout

Geschrieben von Frank Schmidke am 6. April 2017

Ein arbeitsscheuer Punk in gesetztem Alter findet sich unverhofft in einer psychiatrischen Klinik wieder und muss dann auch noch arbeiten. So die Ausgangslange der neuen Tragikomödie und Satire von Regisseur André Erkau und Drehbuchautor Gernot Gricksch, die zusammen mit Hauptdarsteller Wotan Wilke Möhring 2013 den kleinen Überraschungserfolg „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ gedreht haben.

Der Altpunk und Arbeitsverweigerer Fussel (Wotan Wilke Möhring) hat in seinem Leben noch nicht einen Tag gearbeitet. Und ginge es nach ihm, würde das auch bis zur Rente so bleiben. Schließlich lebt es sich von Hartz 4 doch ganz gut, wenn man keine Verantwortung hat und nicht viel zum Leben braucht. Als allerdings im Sozialamt eine interne Überprüfung ansteht, geht seiner Sachbearbeiterin Frau Linde (Victoria Tauttmannsdorff), die sich jahrelang von Fussels jungenhaftem Charme hat umgarnen lasen, doch die Muffe. Für Fussel bedeutet das, nicht mehr als arbeitsunfähig eingestuft zu werden, sondern mit Burnout diagnostiziert zu werden – inclusive stationärer Therapie.

Der Faulenzer und Tunichtgut ist überhaupt nicht begeistert, macht aber alles, um nicht arbeiten zu müssen. Doch einmal in der Klinik angekommen, wird er von der psychiatrischen Pflegekraft Alexandra (Anke Engelke) ziemlich schnell durchschaut. Daraufhin stellt ihn die Klinkleiterin vor die Wahl, entweder auffliegen, oder sich ernsthaft mit dem Mitpatienten seiner Gesprächsgruppe auseinandersetzen.

Das ist allerdings ein Haufen psychischer Wracks, die schwer zu knacken sind: Der cholerische Kinder-Entertainer Datty (Kostja Ullmann), sucht zwar mittels seiner sprechenden und Kinder beschimpfenden Handpuppe schnell Kontakt, rastet aber auch schnell aus. Geschäftsmann Anatol (Torben Liebrecht) ist ein kompletter Workoholik ohne soziale Kompetenzen und Hausfrau und Mutter Merle (Julia Koschitz) hat einen wahnhaften Kontroll-und Perfektionsdrang. Und dann wäre da noch der wortkarge  Günther (Michael Wittenborn), mit dem Fussel das Doppelzimmer teilt. Nach einem totalen Desaster mit seiner Kette von Sonnenstudios, derer auch sein derzeitiges Aussehnen verdankt, hat Günther einfach keinen Bock mehr zu leben. Nun ist Fussel mit seiner naiv-begeisterten Lebensbejahung gefragt, um die Truppe ein wenig aufzumischen.

Die satirische Komödie „Happy Burnout“ bezieht ihren Charme ganz aus dem „Fish out of Water“-Szenario, das den arbeitsscheuen Punk in Verantwortung und Arbeit versetzt, ohne dass er eine Möglichkeit hat, sich schlawinermäßig zu entziehen. Und im Filmverlauf gibt e auch eine ganz Reihe schön-skurriler Szenen, in denen das komödiantische Kalkül durchstartet und sehr gut zu unterhalten weiß.

Doch so richtig konsequent spielt der Film sein Szenario nicht durch. Das beginnt schon mit dem Soundtrack, der zwar punkig ist, aber zu gleichen Teilen auch Reggae und Ska-Elemente enthält, die deutlich Mainstream-kompatibler und melodischer sind, heftigere musikalische Punk-Spielarten. Und diese Wohlfühl-Atmosphäre macht sich in „Happy Burnout“ ziemlich schnell breit. Und auch die Grundprämisse, dass ausgerechnet ein ernstbefreiter Umgang mit dem Psychiatrie-Patienten zu therapeutischen Erfolgen führt, muss man als Zuschauer einfach  mal so hinnehmen. Das erinnert in der Ausgangssituation schon an den Roman und Filmklassiker „Einer flog übers Kuckucksnest“, lässt aber dessen Tiefe und institutionalisierte Bedrohung weg.

Die Schauspieler in der neuen Zusammenarbeit von Drehbuchautor Gernot Gricksch („Robert Zimmerman wundert sich über die Liebe“) und Regisseur André Erkau („Arschkalt“, „Winnetous Sohn“) sind allesamt gut aufgelegt wissen in ihren Rollen zu überzeugen. Die Charaktere wirken aber auch ein wenig stereotyp und mit fortschreitender Filmdauer beschleicht einen der Eindruck, die Geschichte wisse selbst nicht so ganz, worauf sie denn nun hinaus möchte. Dass in „Happy Burnout“! vieles auf nicht ganz politisch korrekten Humor ausgelegt ist, ist legitim, ein paar Ecken und Kanten  hätten allerdings nicht geschadet. Das hätte auch die dramaturgische Tiefe vergrößert.

Die Entwicklungsgeschichte des Protagonisten, quasi eine sehr späte Coming of Age Story, kommt dann folgerichtig auch etwas zu pädagogisch rüber. Seine Stärken hat „Happy Burnout“ ausgerechnet in jenen Szenen, in denen es eben nicht therapeutisch zugeht, sondern Fussels Milieu geschildert wird. Als ihm seine mütterliche Nachbarin etwa eine Ohrfeige verpasst, als er nach Wochen in der Klinik wiederauftaucht. Sie habe sich schließlich Sorgen gemacht, dass er einfach so spurlos verschwunden sei.

Launig, leicht Unterhaltung ist „Happy Burnout“ allemal und Hauptdarsteller Wotan Wilke Möhring fühlt sich in der nonkonformistischen Rolle sichtlich wohl.

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Copyright: Warner

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Länge: 90 Minuten

Kategorie: Comedy

Start: 27.04.2017

cinetastic.de Filmwertung: (5/10)

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Info

Happy Burnout

Geschrieben von Frank Schmidke

Länge: 90 Minuten
Kategorie: Comedy
Start: 27.04.2017

Bewertung Film: (5/10)

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