Die Geschichte rund um die kleine Alice ist zeitlos und so überraschte es nur bedingt, dass Tim Burtons „Alice im Wunderland“ vor sechs Jahren einen Rekord nach dem anderen brach. Die kunterbunte Disneyverfilmung unterhielt kleine wie auch große Zuschauer, doch hatte diese auch einige Schwächen, die insbesondere bei Kritikern alles andere als gut angekommen waren. Bei der Fortsetzung fungiert Burton nun nur noch als Produzent, doch kann dieser Film wirklich halten was er verspricht?
England im Jahre 1875: Nach einer längeren Schiffsreise nach China kehrt Alice Kingsleigh (Mia Wasikowska) nach London zurück, wo nicht nur ihre Mutter, sondern auch der verhasste Lord Hamish Ascot (Leo Bill) auf sie warten. Dieser möchte sie zwingen, das Schiff ihres Vaters zu verkaufen, um gleichzeitig das Haus behalten zu dürfen, in dem ihre Mutter nach wie vor wohnt. Natürlich ist diese Rechnung ohne Alice gemacht worden, doch anstatt Ascot entgegen zu treten, flieht sie vielmehr zurück ins Wunderland, wo alte Bekannte schon auf sie warten sollen.
Im Mittelpunkt der Ereignisse steht diesmal niemand geringeres als der verrückte Hutmacher (Johnny Depp), der mit etwas Verspätung realisieren muss, dass bereits vor einigen Jahren seine Eltern gestorben sind. Mit Hilfe einer sonderbaren Zeitmaschine versucht Alice dies fortan rückgängig zu machen, doch je mehr sie sich in die Vergangenheit begibt, desto mehr scheint die Zeit (Sasha Baron Cohen) selber davon Schaden zu nehmen. Kann Alice die Eltern des Hutmachers retten? Entkommt sie der Zeit und was hat ausgerechnet die Rote Königin (Helena Bonham Carter) damit zu tun, die ebenfalls die Zeitmaschine in die Hände bekommen will?
Tim Burton steht für innovative Ideen, für kunterbunte Welten und jede Menge Spaß, dennoch begnügte er sich auf eigenen Wunsch hin damit, bei „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ rein als Produzent zu fungieren. Das Zepter übergab er an Regisseur James Bobin (Muppets Most Wanted), während sich die Disney-Veteranin Linda Woolverton (Der König der Löwen) erneut um das Drehbuch kümmern durfte.
Die Adaption von Lewis Carrolls zweitem Kinderbuch hat diesmal allerdings mit der Vorlage nicht mehr viel gemein, denn sieht man einmal vom Titel und dem entsprechenden Spiegel ab, durch den Alice geht, handelt es sich doch um eine völlig eigenständige Geschichte. Im direkten Vergleich zu Burtons Vorgänger ist nun vieles ruhiger geworden. Die ernsten Szenen wurden weniger, auf aufgespießte Gliedmaßen wurde komplett verzichtet und auch die Geschichte ist wesentlich kindgerechter aufbereitet worden, wodurch diesmal in erster Linie die jüngeren Zuschauer angesprochen werden sollen.
Natürlich bleibt trotz aller Neuerungen vieles beim alten. Der verrückte Hutmacher ist wieder dabei, die schwertschwingende Maus und natürlich auch die weiße Königin, von der wir nun wesentlich mehr aus ihrer Vergangenheit erfahren. Durch gleich mehrere Reisen in die Vergangenheit erhalten viele Figuren nun wesentlich mehr Profil, wodurch sich so manche Ungereimtheiten auflösen, die noch im ersten Film bemängelt wurden. Leider geht mit diesen Reisen aber auch ein weiteres Problem einher, denn die titelgebende Alice fungiert nun nur noch als bessere Reisebegleiterin, um die zahlreichen Szenen zu verbinden. Das bringt viel verschenktes Potential mit sich, zugleich lässt es aber auch Raum, um andere Figuren hervortreten zu lassen.
Eine dieser Figuren ist die durch Sasha Baron Cohen verkörperte Zeit, die mit jeder Zeitreise mehr altert und langsam Rost anzusetzen beginnt. Als eine Art mechanischer Mensch verkörpert dieser die unveränderbare Zeit, was nicht nur interessant ist, sondern auch visuell mit seinem Schloss – bestehend aus einer Vielzahl von Zahnrädern – wunderschön aufbereitet wurde. Cohen ist und bleibt der heimliche Star dieser Inszenierung, denn wo er am Anfang noch eine Art Widersacher verkörpert, wird er schon bald zum Retter des ganzen Wunderlandes.
Visuell knüpft „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ nahtlos am ersten Teil an, denn das kunterbunte Wunderland weiß auch diesmal mit seinen vielen Figuren zu gefallen. Hinter jeder Ecke wartet eine Überraschung, aus kleinen Raupen entwickeln sich wunderschöne Schmetterlinge und wenn der verrückte Hutmacher erst einmal loslegt, erfreut man sich als Zuschauer ein wenig an dessen wahnwitzigem Kostüm.
James Bobins „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ ist nun wesentlich kindgerechter aufbereitet, als es der erste Teil noch war, was allerdings nicht darüber hinwegtäuscht, dass insbesondere die Geschichte recht flach aufgebaut ist. Zum Glück kann Sasha Baron Cohen darüber ein wenig hinwegtrösten, der einmal mehr eine einmalige Performance abgeliefert hat.