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Selma

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 15. Februar 2015

Selma

Noch bevor „Selma“ in den Vereinigten Staaten angelaufen war, gab es bereits eine rege Diskussion über den historischen Wahrheitsgehalt von Personen und Ereignissen, versucht man hier doch einen der bedeutendsten Lebensabschnitte von Martin Luther King aufzubereiten. Eine zweite Welle der Empörung folgte schließlich bei der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen, wo „Selma“ lediglich in zwei Kategorien vertreten ist. Was aber hat es mit dem Film auf sich, der die Gemüter so erregt?

SelmaDie Vereinigten Staaten im Jahre 1965: Der Afroamerikaner Martin Luther King (David Oyelowo) hat für seinen Kampf gegen die Rassendiskriminierung soeben erst den Friedensnobelpreis gewonnen, er war maßgeblich für mehr Rechte der schwarzen Bevölkerung verantwortlich und dennoch kommt das Land nicht zur Ruhe. Das Wahlrecht existiert nur für einen Teil des Landes, im Süden werden Afroamerikaner nach wie vor unterdrückt, was sich in den verschiedensten prägenden Ereignissen wiederspiegelt. Martin Luther King möchte auch dem entgegenwirken und so macht er sich mit seiner Frau Coretta (Carmen Ejogo) und einigen seiner Anhänger auf den Weg in die Kleinstadt Selma im Bundestaat Alabama, wo Gleichheit noch immer ein Fremdwort ist.

Kurzerhand schließt er sich lokalen Aktivisten an, doch plötzlich wird ein Afroamerikaner von einem Polizisten erschossen. Die Bevölkerung ist in heller Aufregung, doch der besonnene King versucht die Massen zu beruhigen, indem er einen Protestmarsch von Selma nach Alabamas Hauptstadt Montgomery organisiert. Besagter Marsch wird von der Polizei brutal niedergeknüppelt, doch obwohl US-Präsident Lyndon B. Johnson (Tom Wilkinson) sein Möglichstes versucht, schließen sich auch immer mehr Weiße der Bewegung Kings an. Das Wahlrecht scheint unausweichlich zu sein, um die Massen zu beruhigen.

SelmaDie Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels der Vereinigten Staaten scheint in den letzten Jahren unaufhaltsam voran zu schreiten, denn nach „The Help“, „Der Buttler“ und „12 Years a Slave“ bekommen wir nun schon den vierten Film, der sich diesem Tabuthema anzunehmen versucht. Regisseurin Ava DuVernay (Collateral) versucht mit „Selma“ aber gar nicht erst die umfassende Biografie von Martin Luther King in Bilder zu fassen, sondern sie konzentriert sich vielmehr auf einige Wochen des Sommers 1965, wo mit dem „Civil Rights Act“ wirklich großes auf den Weg gebracht wurde.

Neben der eingangs bereits erwähnten fehlenden allumfänglichen historischen Darstellung kann man „Selma“ im Grunde nicht unbedingt viel vorwerfen, denn mit seiner schlichten Abfolge der Ereignisse im kleinen Städtchen in Alabama wagen sich Ava DuVernay und Drehbuchautor Paul Webb auf bekanntes Terrain, dass zumindest in den amerikanischen Schulen bereits hoch und runter gebetet wurde. Insofern fällt es schwer in dem Werk etwas gänzlich Neues zu entdecken, das unterhält, gleichwohl aber auch das politische Geschehen hinterfragt. Genau diese unscheinbare Umsetzung ist es schließlich auch die „Selma“ womöglich bei den Oscar-Nominierungen etwas zu kurz haben kommen lassen, denn wo der Film auf der einen Ebene als durchaus perfekt anzusehen ist, ist er auf der anderen einfach zu glatt, um sich neben vielen anderen ganz ähnlichen abzuheben.

SelmaNeben der zum Teil mutlosen Inszenierung, was sich insbesondere in der Person des Martin Luther King und seiner Vorliebe dem weiblichen Geschlecht gegenüber (das FBI versuchte ihn mit den Frauengeschichten sogar zu erpressen…) wiederspiegelt, besitzt „Selma“ in erster Linie einen sehr ausgeprägten Soundtrack, der unglaublich viel Pathos versprüht. In genau den richtigen Momenten kommen die emotionalen Stücke die auf die Tränendrüse drücken, die eher lauten wenn es darum geht auf die Straße zu gehen oder gar die leisen Streicher, wenn man den Fokus auf Situationen im persönlichen Umfeld lenken möchte. Hauptdarsteller David Oyelowo (Interstellar) war in der amerikanischen Presse bereits als heißer Oscar-Kandidat gehandelt worden, was man nur bedingt nachvollziehen kann. Sein ruhiges Spiel und die emotionalen Reden sind zweifelsohne Höhepunkte des Films, doch darüber hinaus bleibt dieser überwiegend blass. Womöglich hätte man seine aalglatte Figur eben doch die erwähnten negativen Seiten anlasten sollen, was sich nicht nur im Bereich der Frauen wiederspiegelt, sondern ebenso in so manch radikaler Ansicht, die in „Selma“ leider zu keiner Zeit zu Wort gekommen sind.

Der Oscar-Nominierte „Selma“ ist leider nicht ganz der große Wurf wie viele erhofft haben, was sich in erster Linie in der aalglatten Inszenierung und der fehlenden historischen Detailtreue wiederspiegelt.

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Wir vergeben daher 6 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Studiocanal

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Selma

Länge: 128 min

Kategorie: Biography, Drama, History

Start: 19.02.2015

cinetastic.de Filmwertung: (6/10)

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Info

Selma

Selma

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 128 min
Kategorie: Biography, Drama, History
Start: 19.02.2015

Bewertung Film: (6/10)

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