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When Animals Dream

Geschrieben von Frank Schmidke am 19. Juni 2014

ct-when-animals-dream-01Den Titel habe er gewählt, weil er so poetisch klingt, sagt Jonas Alexander Arnby im Interview. In der Tat ist es dem dänischen Regisseur gelungen, seiner im Grunde klassischen Werwolfgeschichte einen ästhetischen Mehrwert abzutrotzen. Daran hat nicht nur die grandiose Küstenlandschaft Nordjütlands ihren Anteil, sondern auch die großartig aufspielende Besetzung. „When Animals Dream“ ist eine feine dänische Gruselgeschichte.

ct-when-animals-dream-06In dem kleinen Fischerort an  der dänischen Nordseeküste kennt jeder jeden und die junge Marie (Sonja Suhl) lebt noch bei ihren Eltern. Der Vater (Lars Mikkelsen) kümmert sich rührend um die Mutter (Sonja Richter), die im Rollstuhl sitzt und apathisch die Tage verrinnen lässt. Marie beginnt in der Fischfabrik zu arbeiten. Dort lernt sie Daniel (Jakob Oftebro) kennen, den sie attraktiv findet, und Esben (Gustav Dyekjaer Giese), der sie mit kruden Späßen malträtiert. Außerdem bemerkt Marie eine seltsame körperliche Veränderung an sich, aber ein Arztbesuch bei Doktor Larsen (Stig Hoffmeyer) bringt keinen Aufschluss. Erst allmählich kommt Sonja dahinter, dass auch ihre Mutter unter einem seltsamen Phänomen leidet und sie dies wohl geerbt hat.

ct-when-animals-dream-03Das narrative Grundgerüst von Jonas Alexander Arnbys Langfilmdebut ist klassische Gothic-Literatur: Die Verwandlung einer jungen Mädchens in eine Werwölfin. Alle Zutaten, die es dazu braucht, so etwas innerhalb des Genres solide zu inszenieren, werden in bekannter Art und Weise installiert: Das abgelegene Dorf, die eingeschworene (und furchtsame) Gemeinschaft, die Außenseiterin, die gutgemeinten Helfer, eine Liebesgeschichte und eine sich ständig steigernde Dramaturgie, die folgerichtig auf eine Eskalation hinarbeitet. Aber das kann man auch als liebenswerte Hommage an Genreklassiker wie „Frankenstein“ verstehen, wo die Dörfler das Monster am Ende mit geeinter Kraft zu stellen versuchen.

ct-when-animals-dream-02In seiner Erzählhaltung ist „When Animals Dream“ dem schwedischen Arthaus-Horror “So finster die Nacht“ (2008) von Tomas Alfredson verwandt und legt trotz aller Genreverbundenheit eher eine psychologische Betrachtungsweise an den Tag. Das Motiv aufkeimender weiblicher Sexualität und Selbstbestimmtheit wird auf mehreren Ebenen seziert und thematisiert und Marie findet sich zwangsläufig in der Rolle der Außenseiterin wieder, die ihre eigentliche Natur verleugnen soll, ebenso wie auch ihre Mutter dies – nicht ganz freiwillig – tat. Dabei machen sich der Vater und der Arzt, so gut gemeint sie auch handeln, zu Handlangern der Dorfgemeinschaft, die sich von der bloßen Anwesenheit der Andersartigen bedroht fühlt. Marie will das nicht hinnehmen und sucht den offenen Konflikt. Darin tauchen ebenso moderne feministische Aspekte auf wie auch grundsätzliche gesellschaftliche Fragen zur Toleranz, auch wenn letztere den Film nicht prägen.

Das Drehbuch von Rasmus Birch ist nicht mit Bedeutungen, Allegorien und Symbolen überfrachtet, sondern konzentriert sich auf die Geschichte selbst und einen bodenständigen Realismus, der sich immer wieder im Alltag der Küstenbewohner ausdrückt. Darin liegt eine, auch typisch dänische Qualität des Films. Auch wissen die Schauspieler – wie so häufig im dänischen Kino – mit großer Intensität und unaufgeregtem Understatement zu begeistern. Das äußert sich in einigen Szenen, wie etwa der Belästigung Maries in der Umkleidekabine oder beim Kontrollbesuch der Dörfler bei Sonjas Mutter in kaum auszuhaltender emotionaler Spannung, die dennoch auch einen Hauch schwarzen Humors beinhaltet.

ct-when-animals-dream-07Neben Newcomerin Sonja Suhl, die wortkarg und mit großer innerlicher Stärke Marie verkörpert, liefert vor allem Lars Mikkelsen, der große Bruder von Superstar Mads und einer der angesehensten dänischen Schauspieler überhaupt, eine nuanciert tragische Personifizierung des leidgeprüften, aber aufrichtig liebenden Vaters hin.

Ein weiteres cineastisches Highlight  und fast ein eigenständiger Charakter in „When Animals Dream“ ist die harsche Küstenlandschaft Nordjütlands. Die karge Schönheit des vom Meer und vom wolkenumtosten Himmel geprägten dünn besiedelten Landstriches ist ein Schauwert für sich. Kameramann Niels Thastum weiß das nicht nur begnadet einzufangen, sondern auch ästhetisch auszureizen. Das funktioniert vor allem wegen des klug eingesetzten formalen Wechsels der Landschaftsbilder mit eindringlichen Innenaufnahmen, die handkameraartig intensive Nähe zu den Charakteren aufbauen.

„When Animals Dream“ ist eine stilsichere Mischung aus Arthaus und Gruselfilm. Der Focus auf eine Heldin verleiht dem wunderbar fotografierten Psychogramm ein gesellschaftlich relevantes Motiv,  das ebenso zeitlos wie nach wie vor aktuell ist.  

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Wir vergeben daher 7,5 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Prokino

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When Animals Dream

Länge: 84 Minuten

Kategorie: Drama, horror, Mystery

Start: 21.08.2014

cinetastic.de Filmwertung: (7,5/10)

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When Animals Dream

When Animals Dream

Geschrieben von Frank Schmidke

Länge: 84 Minuten
Kategorie: Drama, horror, Mystery
Start: 21.08.2014

Bewertung Film: (7,5/10)

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