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Der Schmetterlingsjäger

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 2. Juni 2014

Der Schmetterlingsjäger

Mit seinen 17 Romanen und einer Vielzahl an Erzählungen gehört der russische Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Schmetterlingsforscher Vladimir Nabokov zu den einflussreichsten Erzählern des 20. Jahrhunderts, der jedoch erst mit seinem 13. Roman „Lolita“ international für Aufsehen sorgte.

Mit seinem halbdokumentarischen Film „Der Schmetterlingsjäger“ versucht Regisseur Harald Bergmann das Phänomen des Vladimir Nabokov ein wenig genauer zu analysieren, wenn er einen Professor der Philosophie (der reale Pariser Gelehrte Heinz Wisman) und einen Filmemacher (Klaus Wyborny) darüber diskutieren lässt, wie man denn am besten einen Film über Nabokov umsetzen könnte. Im Zentrum der Diskussion steht der Werdegang Nabokovs, wobei sich im Zeitraum zwischen Kindheit und Tod in erster Linie versucht wird am Roman „Ada oder das Verlangen“ sowie dem autobiografischen „Erinnerung, sprich“ zu orientieren.

Der SchmetterlingsjägerBereits in der Eingangssequenz werden wir mit alten schwarz-weiß-Aufnahmen konfrontiert, bei denen der philosophische Ansatz von Zeit gänzlich zur Geltung kommt. Es wird sich nicht die Frage gestellt was womöglich nach dem Tod kommen würde, denn Nabokov sieht weder Anfang noch Ende, er vermischt beides und fragt sich vielmehr, was denn vor dem Anfang gewesen sei. So sehen wir eine Familie sowie einen leeren Kinderwagen, jede Menge Verwandter, während die ersten Erinnerungen schon bald mit einem Schreckensszenario einsetzen, dass hier als Ausgangsbasis genommen wird.

In fünf einzelne Kapitel (plus Epilog) unterteilt folgen wir nun rund 140 Minuten dem Leben des Exil-Russen Vladimir Nabokov, wo uns einerseits Passagen aus seinen Romanen von dessen Sohn Dimitri Nabokov (verstarb im Jahre 2012) vorgetragen werden, zum anderen aber auch fiktive Szenen, die überwiegend in den Schweizer Bergen spielen. In diesen werden wir zum Teil mit dem Leben Nabokovs, zum Teil aber auch mit den unterschiedlichsten Romanfiguren konfrontiert, die man jedoch nur schwer einordnen kann. Unterbrochen werden diese Szenen immer wieder durch den Dialog zwischen dem Filmemacher und dem Philosophen, die beide zusammen zu ergründen versuchen, wie Nabokov im Detail mit dem Thema Zeit umgegangen sein könnte.

Der SchmetterlingsjägerDiese Gespräche verlaufen zum Großteil auf einer ungemein tiefsinnigen und intellektuellen Ebene, die parallel dazu vorgetragenen Zitate aus diversen Textpassagen verlangen dem Zuschauer nahezu alles ab, weswegen sich dieser beinahe 140 Minuten mit vollster Konzentration dem Werk hingeben muss. Vorwissen aus den Werken von Vladimir Nabokov ist ganz ohne Frage angebracht, ein wenig über dessen Lebensgeschichte zu wissen ist durchaus von Vorteil, um die zum Teil recht konfusen Szenen einordnen zu können, denn so wie Nabokov auf seine zeitlich unabhängigen Karteikarten schwor, ist auch der Film selber als größeres Puzzle anzusehen.

Unterbrochen wird dies durch einige Szenen in denen der Philosophieprofessor selber die Rolle des Schmetterlingsforscher für kurze Zeit einnimmt, wodurch wir zum einen interessante Fakten zu den kleinen Lebewesen erfahren, dies zum anderen aber auch ganz lapidar im Anschluss so kommentiert wird, dass diese Szenen gut seien für einen Film, irgendwie dann aber doch nicht passen. Durch Szenen wie diese wird das Werk immer wieder für kurze Zeit aufgelockert, andererseits sind es aber auch solche Szenen, die das Werk überhaupt erst auf 140 Minuten haben anwachsen lassen. Hier wäre durchaus die eine oder andere Straffung angebracht gewesen, verlang der Film doch einiges vom Zuschauer ab.

An dieser Stelle geht nun auch die eigentliche Kritik mit der Produktion einher, denn obwohl „Der Schmetterlingsjäger“ vom philosophischen Ansatz durchaus interessant ist und die Beteiligten zumindest gewillt sind Nabokovs Reflektion der Zeit ein wenig aufzubrechen, ist das Thema trotz allem für eine Auswertung im Kino zu speziell und vor allem zu anspruchsvoll, als das damit ein Publikum ernsthaft etwas anfangen könne. Am ehesten könnte man „Der Schmetterlingsjäger“ als Intellektuellenkino der Extreme bezeichnen, als einen Film der durchaus auf einem Festival sein Publikum finden könnte, nicht aber in dieser Form und Länge im normalen Programmkino.

Harald Bergmann versucht Nabokovs Reflektion der Zeit ein wenig aufzubrechen, indem er fiktive Szenen mit Textpassagen seiner Bücher unterlegt und diese im Dialog hinterfragt. Für Kenner des Literaten eine durchaus interessante Aufbereitung der Materie, die durch den philosophischen Ansatz dem Zuschauer jedoch alles abverlangt.

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Wir vergeben daher 6 von 10 Filmpunkten.

Copyright: Harald Bergmann Filmproduktion, NFP marketing & distribution

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Der Schmetterlingsjäger

Länge: 135 min

Kategorie: Documentary, Drama

Start: 17.07.2014

cinetastic.de Filmwertung: (6/10)

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Info

Der Schmetterlingsjäger

Der Schmetterlingsjäger

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 135 min
Kategorie: Documentary, Drama
Start: 17.07.2014

Bewertung Film: (6/10)

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