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Snowpiercer

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 5. Februar 2014

Snowpiercer

Im Bereich des Science Fiction Film fehlt es leider bereits seit mehreren Jahren an bahnbrechenden neuen Ideen, denn wo man insbesondere in den 80er Jahren mit einigen sehenswerten Werken glänzen konnte, verlieren sich heutige Produktionen – mit einigen Ausnahmen – leider in der Eintönigkeit ihrer ideenlosen Drehbuchautoren. Das es auch anders geht beweist nun erneut der Koreaner Bong Joon-ho, der in seiner ersten rein englischsprachigen Produktion ein Endzeit Szenario kreiert, bei dem die letzten Überlebenden der Menschheit in einem überfüllten Zug um den Globus fahren.

Im Jahre 2014 ist die Erderwärmung soweit fortgeschritten das die verschiedensten Länder der Erde in einer gemeinsamen Aktion etwas dagegen zu unternehmen versuchen. Mit einem neuartigen Kältemittel soll die Atmosphäre wieder auf eine für den Menschen erträgliche Temperatur herunter gekühlt werden, doch der Versuch geht furchtbar schief. Binnen nur weniger Wochen kühlt die Erde komplett ab, eine neue Eiszeit ist im Anmarsch und so flüchten einige wenige Menschen in einen hochtechnisierten Zug der Dank Erfinder Mr. Wilford (Ed Harris) einsam seine Runden um den Globus dreht. 17 Jahre später ist die Menschheit komplett ausgestorben, der Zug fährt mit seinen Insassen noch immer einsam auf seinen Schienen dahin, doch plötzlich beginnt sich ein neues Problem anzubahnen. Während die Privilegierten vorn im Zug im Luxus schwelgen, werden alle anderen mit hinteren Teil des Zuges mit Waffengewalt unterdrückt, doch plötzlich sieht der 30-jährige Curtis (Chris Evans) und der junge Edgar (Jamie Bell) ihre Chance gekommen. Sie überwältigen in einer halsbrecherischen Aktion die Wärter und beginnen damit sich mit einer kleinen Gruppe Wagen für Wagen vorzukämpfen, um dem Treiben von Wilford endlich ein Ende zu bereiten…

SnowpiercerNeben dem Koreaner Kim Ki-duk konnte sich in den letzten Jahren ebenso Bong Joon-ho außerhalb seines Heimatlandes etablieren, denn nach seinen beiden überaus erfolgreichen Erstlingswerken wurde dieser mit seinen Filmen „The Host“, „Tokio!“ und „Mother“ direkt zu den Filmfestspielen nach Cannes eingeladen. Dort konnte Bong Publikum wie auch Kritiker von seinen Qualitäten überzeugen, er bekam die Chance für seinen ersten rein englischsprachigen Film „Snowpiercer“, der auf der Graphic Novel „Le Transperceneige“ basiert, über die er eher zufällig gestolpert ist. Das dieser Film letzten Endes keine Hollywood Produktion geworden ist sollte sich im Nachhinein noch als Glück herausstellen, denn obwohl das Budget recht übersichtlich war, konnte Bong seinen Film doch so umsetzen, wie er es sich bereits im Vorfeld hat ausmalen können.

Genau diese Umsetzung ist es auch die seit einigen Wochen in der amerikanischen Presse recht belebt diskutiert wird, denn nachdem die Weinstein-Brüder die Rechte für den amerikanischen Markt erworben hatten, setzten diese alles nur erdenkliche daran den Film entsprechend zu kürzen. „Der Film sei zu intelligent“ wird Bong Joon-ho vorgeworfen, „die Zuschauer würden ihn nicht verstehen“, an einigen Stellen sei er womöglich sogar „verstörend“. Kann man diese Aussagen so aber stehen lassen? Man kann und muss, dies allerdings im positiven Sinne. „Snowpiercer“ ist einer jener Science Fiction Filme auf die sich der Zuschauer einlassen muss, der sein Publikum indirekt ein wenig fordert, wodurch er weit ab des üblichen Popkornkinos anzusehen ist.

SnowpiercerDabei ist „Snowpiercer“ rein von der Geschichte gar nicht einmal so bahnbrechend wie der eine oder andere zu behaupten versucht, denn abgesehen von der neuartigen Idee von den letzten Überlebenden der Menschheit in einem fahrenden Zug, ist der Film vor allem recht geradlinig konzipiert. Wie in einem Computerspiel versucht die kleine Gruppe einen Wagen nach dem anderen zu erobern, eine jede Wagentür muss erst einmal umständlich kurzgeschlossen werden, während die Beteiligten nie wissen was sich im nächsten Wagon wohl befinden mag. Mal sind es eine Hand voll Schläger mit denen plötzlich eine recht blutige Auseinandersetzung begonnen wird, mal geht man durch ein Gewächshaus mit den köstlichsten Früchten, dann befindet sich die Gruppe plötzlich in einer Sushi Bar oder in einem Klassenzimmer voller verblendeter Kleinkinder. Gerade diese Abwechslung der Settings und das Ansprechen der unterschiedlichsten Themen ist es letztendlich auch was „Snowpiercer“ trotz seiner Einfachheit so unterhaltsam werden lässt. Der ganze Film ist ganz ohne Frage komplett im Studio abgedreht, die vorbeiziehenden weißen Schneelandschaften am Fenster kommen direkt aus dem Computer und dennoch schafft es Bong Joon-ho in erster Linie mit seiner Atmosphäre innerhalb des Zuges zu überzeugen.

Es ist aber nicht nur diese erzählerische Finesse und das sozialkritische was hier zu überzeugen vermag, sondern insbesondere die Auswahl der einzelnen Darsteller. Während Chris Evans (Marvel’s The Avengers) und Jamie Bell (King Kong) noch die stereotypischen Figuren eines Rebellen verkörpern, kann doch insbesondere Tilda Swinton (We Need to Talk About Kevin) mit ihrer dicken Hornbrille und den nach vorn stehenden Zähnen als rechte Hand Wilfords überzeugen. Nicht weniger gelungen spielt aber auch Ed Harris (Gravity) den Zugführer gegen Ende wenn er viele der Plot-Details langsam für den Zuschauer aufbereitet, genauso wie die beiden Koreaner Song Hang-ko und Ko Asung aus „Host“ hier erneut gemeinsam als Abfallschnüffelnde Drogenjunkies zu sehen.

SnowpiercerIst „Snowpiercer“ aber wirklich derart perfekt das es kaum etwas zu kritisieren gibt? Neben den bereits erwähnten nicht unbedingt gelungenen CGI Aufnahmen der vorbeiziehenden Schneelandschaften kann man es Bong Joon-ho wenn überhaupt nur vorwerfen, dass er gegen Ende hin zu genau sein wollte. Jedes noch so kleine Detail musste aufgelöst werden, vieles wirkt stellenweise viel zu ausformuliert, wodurch sich die eine oder andere Stelle ergab, die man womöglich etwas hätte kürzen können. Ob man dies nun aber wirklich als negativen Punkt gelten lassen mag sei wie immer dahin gestellt, denn „Snowpiercer“ ist in erster Linie eines, ein intelligenter Science Fiction Film zum Nachdenken mit der typischen Härte eines Bong Joon-ho, der Blut fast so malerisch wie Wong Kar Wai in „The Grandmaster“ spritzen lassen kann.

Bong Joon-ho’s „Snowpiercer“ ist der mit weitem Abstand beste Science Fiction Film den wir in den letzten Jahren haben sehen dürfen. Weit ab vom typischen Popkornkino ist mit diesem intelligenten Genrefilm nicht nur gute Unterhaltung, sondern vor allem eine Geschichte garantiert, bei der man als Zuschauer auch einmal mitdenken darf.

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Wir vergeben daher 8,5 von 10 Filmpunkten.

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Snowpiercer

Länge: 126 min

Kategorie: Action, Drama, Sci-Fi

Start: 03.04.2014

cinetastic.de Filmwertung: (8,5/10)

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Info

Snowpiercer

Snowpiercer

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 126 min
Kategorie: Action, Drama, Sci-Fi
Start: 03.04.2014

Bewertung Film: (8,5/10)

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