cinetastic.de - Living in the Cinema

Blancanieves – Ein Märchen in Schwarz und Weiß

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 29. Oktober 2013

Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und Weiß

Trotz einem Oscar-Gewinner wie „The Artist“ ist es in der heutigen Zeit alles anderen als selbstverständlich einen Stummfilm in Schwarz-Weiß zu drehen, der auch noch dem längst aus der Mode gekommenen 4:3 Format unterliegt. Im Falle von Pablo Berger’s „Blancanieves – Ein Märchen von Schwarz und Weiß“ ging dies allerdings mehr als nur auf, denn Berger durfte seinen Film nicht nur für Spanien in das Rennen um den begehrten Oscar für den besten fremdsprachigen Film schicken, er nahm auch nicht weniger als zehn Goyas in Empfang, womit sein Werk beim spanischen Filmpreis phänomenal triumphierte.

Der Spanier Antonio Villalta (Daniel Giménez Cacho) ist der mit Abstand bekannteste Torero in den 20er Jahren, denn nicht nur das er einen jeden Stier mit Leichtigkeit besiegt, die jubelnde Menge sieht ihn ebenso als Mann des Volkes an und verehrt seine Person abgöttisch. Eines Tages wird Antonio bei einem Stierkampf in Sevilla schwer verletzt, als er durch eine Unachtsamkeit das Tier für nur wenige Sekunden aus den Augen lässt und schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird. Unter den Zuschauern befindet sich ebenso seine hochschwangere Frau Carmen de Triana (Inma Cuesta), die zeitgleich mit ihrem Mann ins Krankenhaus fährt, dort ihre Tochter entbindet und dabei selbst ums Leben kommt.

Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und WeißDer querschnittsgelähmte Antonio ist unfähig sich um seine Tochter zu kümmern, doch Krankenschwester Encarna (Maribel Verdú) sieht ihre große Chance gekommen. Encarna kümmert sich um den ehemaligen Stierkämpfer, heiratet diesen nur wenig später, um ihn einige Jahre später achtlos in seinem Rollstuhl die Treppe hinunter zu stoßen, hat sie doch genug von ihm. Um das Komplott zu vervollständigen soll nun aber auch die bereits erwachsene Tochter Carmen (nach ihrer Mutter benannt) umgebracht werden, doch diese entkommt dem Mordanschlag in letzter Minute. Bei gleich sechs Zwergtoreros findet Carmen ein neues Zuhause, freundet sich mit diesen an und zieht fortan durchs Land, um den Beruf ihres verstorbenen Vaters nachzugehen…

Die Figuren klassischer Märchen sind ein jedes Jahr ein gern benutztes Element in diversen Filmen, doch wo Disney eine jede Geschichte bis zur Erschöpfung durchkaut und nicht selten mit diversen Fortsetzungen belegt, widmet sich der Spanier Pablo Berger (Torremolinos 73) jenem Märchen der Gebrüder Grimm, in dem ein Mädchen namens Schneewittchen auf ihre böse Stiefmutter trifft. Natürlich adaptiert Berger die Geschichte nichts eins zu eins, denn nachdem er fast ein Jahrzehnt an dem Stoff gearbeitet hatte, verlegt er dieses nun kurzerhand in das Spanien der 20er Jahre. Als Hommage an den Stummfilm verzichtet er zeitgleich auf sämtliche Dialoge, nutzt nur kurze Texteinblendungen um dargelegtes zu verstärken und setzt bei alledem neben dem klassischen 4:3 Format auf wunderschöne Bilder in Schwarz-Weiß, die nicht umsonst mit einem Goya belohnt wurden.

Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und WeißVerglichen mit anderen Schneewittchen Adaptionen dürfte Pablo Berger’s „Blancanieves – Ein Märchen von Schwarz und Weiß“ wohl definitiv eines der ungewöhnlichsten sein, denn nicht nur das diese Version im Spanien der 20er Jahre spielt, wir haben auch noch einen ganzen Film voller Stierkämpfer, was so eigentlich alles andere als passen soll. Das es letztendlich dennoch gelingt soll in der eigenwilligen Erzählstruktur begründet liegen, bei der wir beinahe dreißig Minuten darauf warten das Schneewittchen auf ihre böse Stiefmutter trifft und dann noch einmal weitere dreißig, bis sie letztendlich jene Zwerge kennenlernt, die ihr ein neues zuhause geben sollen. Natürlich übernimmt Berger bestenfalls das Gerüst des Grimm’schen Märchens, denn wenn Toreros auf böse Krankenschwestern treffen, unser Schneewittchen bei sechs und nicht sieben Zwergen Unterschlupf findet, muss man Berger doch eine gewisse Form der Eigenständigkeit durchaus zugestehen.

Anstatt den Stummfilm wie der erwähnte „The Artist“ zu huldigen, versucht Berger vielmehr mit seinen stilistischen Mitteln den Zuschauer zu überzeugen. Das 4:3 Format fällt nach nur wenigen Minuten kaum noch ins Gewicht, die klassische Musik die zuweilen sehr mit Flamenco Klängen untermalt ist überzeugt auf ganzer Linie, während die aus Stummfilmen bekannten Texteinblendungen zuweilen doch sehr dezent zum Einsatz kommen, vertraut Berger doch einzig und allein der Mimik seiner Darsteller. Leider geht dies auch mit jenem Fakt einher, dass jene Zuschauer die dem spanischen nicht mächtig sind zuweilen einige Hinweise leider verpassen werden. Ein ums andere Mal wird auf Überschriften spanischer Zeitungen hingewiesen, auf Plakate und sonstige Schriftstücke, bei denen man mit viel Phantasie den Inhalt zwar erahnen kann, der allerdings nicht mit entsprechenden Untertiteln verdeutlicht wird.

Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und WeißObwohl Berger stilistisch auf einen reinen Stummfilm baut, zieht er dies in letzter Konsequenz leider nicht bis zum Ende durch. Das Bild ist sehr scharf, die bekannten Risse und Flecken im Zelluloid fehlen komplett, wodurch zwar der letzte Schliff Authentizität fehlt, dem Zuschauer im Grunde jedoch nur wenig entgeht. Berger konzentriert sich vielmehr auf seine Geschichte voller Toreros, auf seine Arena die den Mittelpunkt des Filmes ausmacht und gleichzeitig nicht nur den Anfang des Filmes, sondern gleichwohl auch das Ende bilden soll.

Im Bereich der Darsteller setzt Berger auf einen Cast der das Spiel der Mimik wohl annähernd bis zur Vollendung beherrscht. Egal ob dies Kinderdarstellerin Sofía Oria (Invasor) als aufgewecktes jüngeres Schneewittchen ist, Macarena García (Todos estan muertos) als älteres Schneewittchen oder Daniel Giménez Cacho (Get the Gringo) als depressiver Torero. Die mit weitem Abstand beste Darbietung zeigt uns allerdings Maribel Verdú (Pans Labyrinth) als böse Stiefmutter, die wohl definitiv eine der gemeinsten Rollen spielen darf, die wir in diesem Kinojahr haben sehen dürfen.

Pablo Berger präsentiert mit „Blancanieves – Ein Märchen von Schwarz und Weiß“ eine ungewöhnliche Adaption der klassischen Erzählung von Schneewittchen, bei der er nicht nur mit seiner ungewöhnlichen Torero Geschichte überzeugen kann, sondern gleichwohl mit seiner Auswahl an Darstellern sowie der visuellen Anlehnung an die Stummfilme der 20er Jahre.

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1

Wir vergeben daher 7,5 von 10 Filmpunkten.

Copyright: AV Visionen

Kommentare

Keine Kommentare vorhanden.

Mit Facebook Anmelden um zu Posten!

Anmelden
Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und Weiß

Länge: 104 min

Kategorie: Drama

Start: 28.11.2013

cinetastic.de Filmwertung: (7,5/10)

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1

Gewinnspiele

Gewinne Kinokarten, BluRays, DVDs,
Fan Packages und mehr!

Gleich mitmachen

Info

Blancanieves - Ein Märchen in Schwarz und Weiß

Blancanieves – Ein Märchen in Schwarz und Weiß

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 104 min
Kategorie: Drama
Start: 28.11.2013

Bewertung Film: (7,5/10)

  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1
  • 1