In den letzten Jahren rücken zunehmend Portraits über berühmte Künstler in den Fokus der Dokumentarfilmer, haben wir doch erst im letzten Jahr mit „Gerhard Richter Painting“ ein beeindruckendes Werk von Corinna Belz bewundern dürfen, während in diesem Jahr Regisseurin Evelyn Schels mit „Georg Baselitz“ einen neuen dokumentarischen Ansatz über den 75-jährigen zu entdecken versuchte. Das neuste Portrait über einen längst verstorbenen deutschen Künstler ist nun jenes über Max Beckmann, in welchem Regisseur und Drehbuchautor Michael Trabitzsch einige seiner bekanntesten Werke dem Zuschauer vorstellt.
Der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Michael Trabitzsch (Shoot Back! Leben am Abgrund) hatte sich bereits vor dreizehn Jahren mit der Dokumentation „Ernst Ludwig Kirchner – Zeichnen bis zur Raserei“ (2000) einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts gewidmet, was dieser nun mit „Max Beckmann – Departure“ fortzusetzen versucht. Trabitzsch beginnt dabei mit einem Rundflug über das heutige Manhattan, aus dem Off erklingt eine Stimme die aus den Briefen Max Beckmanns aus dem Jahre 1947 vorliest, während wir kurz darauf um fast 100 Jahre in die Vergangenheit zurückreisen und so näheres über Max Beckmanns Jugendjahre erfahren.
In Zusammenarbeit mit Beckmanns Enkelin Mayen Beckmann sowie den Beckmann Experten Didier Ottinger, Reinhard Spieler und Uwe M. Schneede entsteht so ein allumfassendes Bild von jenem Künstler, der neben Ernst Ludwig Kirchner laut dem bekannten Kunstsammler Heinz Berggruen wohl zu den bedeutendsten deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts gehört, die unser Land hervorgebracht hat. Nach einem kurzen Überblick über die Jugendjahre, seinem Talent zur zeitgenössischen Malerei und seiner selbsternannten Konkurrenz zu Pablo Picasso, sehen wir schon bald jene Veränderung, die an Max Beckmann durch den Ersten Weltkrieg ausgelöst wurde, in welchem er als Sanitäter diente. Beckmann erfand sich komplett neu, verarbeitete die Erfahrungen, das Leid und all den Schmerz dem er ausgesetzt war in seinen Bildern, sodass so groteske Werke wie „Die Hölle“ oder sein Selbstportrait „Selbstbildnis als Krankenpfleger“ entstanden.
Es folgen Jahre in denen er sich der Politik widmet, Geschichten und Gedichte schreibt und schließlich sogar zum zweiten Mal heiratet, woraufhin er mit Mathilde Kaulbach im Jahre 1924 jene Frau an seine Seite bekam, die zu den meistgezeichneten der Kunstgeschichte zählt. Obwohl Beckmann zu vielen Freunden und Kollegen im Ausland ein sehr gutes Verhältnis pflegte, wurde dieser schon bald ein Opfer des Nationalsozialismus, betrachtete man doch Beckmanns Kunst als entartete Kunst die schließlich sogar verboten wurde. Es folgte die Flucht nach Amsterdam wo er schließlich fast zehn Jahre lebte und einige seiner bedeutendsten Bilder malte, wozu auch gleich fünf Triptychon zählen.
Diese Triptychon sind in „Max Beckmann – Departure“ neben der eigentlichen Biografie auch der Dreh- und Angelpunkt von Michael Trabitzsch, der alle neun Gemälde in den verschiedensten Galerien dieser Welt aufzusuchen beginnt und diese zumeist von den Museumskuratoren deuten lässt. Ein jedes der Triptychon besteht aus drei einzelnen Bildern die mit Symbolen der Mythologie geschmückt sind sowie mit Beckmanns Themen aus den Bereichen Theater, Zirkus und Variete. Keines dieser Bilder kann man bis zur Vollendung deuten und dennoch liegen in diesen über viele Jahre entstandenen Werken oftmals mehr persönliches von Beckmann, als man auf dem ersten Blick glauben möchte.
Eines seiner letzten Bilder waren schließlich die „Argonauten“ an denen er bis zu seinem Tode gearbeitet hatte, die er am 26. Dezember 1950 in New York fertig stellte und nur einen Tag darauf verstarb. Sein zehntes Triptychon namens „Amazonen“ wurde leider nie vollendet.
All dies kann Michael Trabitzsch überaus anschaulich dem Zuschauer darlegen, während die verschiedensten Interviewpartner aus Beckmanns Leben berichten. Die Kamera bleibt dabei stets Kommentarlos auf den Gesichtern der Protagonisten und der vorgestellten Bilder, während eine Stimme aus dem Off immer wieder aus Beckmanns Briefen und Tagebuchaufzeichnungen vorließt, um seine damalige Stimmung zu transportieren und auch jene Umstände darzulegen, durch die das eine oder andere Bild entstanden ist. Unterstützend gibt es Archivaufnahmen in schwarz-weiß, einzelne alte Fotos aus der damaligen Zeit sowie tiefe Einblicke in das Wesen Beckmanns, waren für ihn doch Erfolg und Anerkennung eines der wichtigsten Güter im Leben.
Michael Trabitzsch präsentiert mit „Max Beckmann – Departure“ ein überaus gelungenes Portrait über einen der wichtigsten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts. Die Biografie ist auf 90 Minuten gesehen überaus informativ, die Analyse der Triptychons sehr anschaulich gehalten und die Idee mit den vorgelesenen Briefen aus dem Off gelungen. Kunstkenner werden sich gut unterhalten fühlen.