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Paradies: Liebe

Geschrieben von Ronny Dombrowski am 26. Dezember 2012

Paradies: Liebe

Der aus Österreich stammende Regisseur Ulrich Seidl hat sich längst einen Namen über die Grenzen seines Landes hinaus gemacht, waren einige seiner letzten Filme doch überaus ungewöhnlicher, wenn nicht gar verstörender Art, erinnert man sich allein an „Hundstage“ zurück, bei dem die Meinungen mehr als nur auseinander gingen. In seinem neusten Werk „Paradies: Liebe“ widmet er sich nun dem weiblichen Sextourismus in Afrika, dem Anfang einer Trilogie, mit der er binnen eines Jahres in den Wettbewerben der drei größten Festivals der Welt vertreten war.

Die aus Österreich stammende 50-jährige Teresa (Margarete Tiesel) plant zusammen mit ihrer Freundin (Inge Maux) einen Urlaub in Kenia, wo es neben Sonne satt und wunderbaren Stränden gleich eine Unmenge an gutgebauten Einheimischen gibt, die neben allerlei billigen Schmuck auch sich selber zu verkaufen haben. Während ihre Freundin bereits einen passenden und um gut 30 Jahre jüngeren Knaben für ihre Urlaubstage gefunden hat, will es bei Teresa nicht so ganz klappen, haben es die meisten vor Ort doch nur auf ihr Geld abgesehen. Mit dem jungen Munga (Peter Kazungu) soll sich all dies ändern, denn während er ihr die Stadt zeigt und schon bald seine Liebe offenbart, liegen ihm finanzielle Entlohnungen in den ersten Tagen noch fern…

Paradies: LiebeEigentlich plante Regisseur Ulrich Seidl (Jesus, Du weisst) einen Film über die Liebe dreier unterschiedlicher Frauen zu drehen, doch bald schon war das vorhandene Material so dermaßen umfangreich, dass er dies in gleich drei Filme aufteilte und somit in eine Trilogie verpackte. Während er mit „Paradies: Liebe“ bei den Filmfestspielen in Cannes vertreten war, mit „Paradies: Glaube“ in Venedig soll „Paradies: Hoffnung“ auf der kommenden Berlinale vorgestellt werden, wodurch Seidl binnen nur eines Jahres mit allen drei Filmen auf den wichtigsten Festivals der Welt vertreten war.

Anders als in vielen ähnlichen Filmen in denen der Sextourismus in Afrika angeprangert wird, versucht sich Seidl einzig und allein auf seine 50-jährige Hauptdarstellerin zu beschränken, wenn er die verzweifelte Suche nach Liebe und Anerkennung zu skizzieren versucht. Geht es vordergründig allein um die Suche nach Liebe und Geborgenheit, lässt sich am Auftreten Seidls Paradies: LiebeFiguren jedoch noch weitaus mehr ablesen. Wenn sich Teresa an der Bar mit ihrer Freundin über den Barkeeper lustig macht oder die jungen schwarzen am Strand wie ein Stück Fleisch betrachtet und behandelt, so hat dies nichts mit dem Respekt der gegenseitigen Kultur zu tun, sondern mit der strickten Abgrenzung von Arm und Reich, welche sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht, insbesondere der westlichen.

Dadurch geschieht es unweigerlich das man ständig als Zuschauer zwischen den Figuren hin und her pendelt und keinen eindeutigen Bezugspunkt aufbauen kann, denn wenn man in einer Szene Teresa und dessen Naivität noch bestenfalls bemitleidet, möchte man sie im nächsten Augenblick mit ein paar ernsten Worten am liebsten direkt aus ihrem Traumland heraus holen und in den nächsten Flieger nach Hause setzen, um diese unwirklichen Szenen zu beenden.

Paradies: Liebe„Paradies: Liebe“ beschränkt sich aber nicht nur einzig und allein darauf eine bekannte, wenn auch oft totgeschwiegene Geschichte über den weiblichen Sextourismus in Kenia zu erzählen, denn Seidl schafft es vordergründig auch erneut mit seinen Bildern anzuecken und zu provozieren. Seidl ist kein Freund von bestimmten körperlichen Vorstellungen und Werten, Seidl nimmt die Makel des Menschen so wie sie sind und zeigt sie uns ebenso offen, wenn er uns mit der Theaterschauspielerin Margarete Tiesel (Anfang 80) eine Hauptdarstellerin präsentiert, die wortwörtlich den meisten Film über nackt zu sehen ist. Tiesel ist 53 Jahre alt, hat mehr als nur ein paar Pfunde zu viel, deutliche Hängebrüste und dennoch zeigt Seidl diese wie Gott sie erschaffen hat, was für den Zuschauer in manchen Szenen nicht ganz einfach zu ertragen ist. Ist „Paradies: Liebe“ deswegen aber schlecht? Keineswegs. Der Film ist unbequem, anders, zuweilen grotesk und dennoch keinen Zentimeter überzeichnet, verlangt er dennoch dem Zuschauer einiges ab.

Mit „Paradies: Liebe“ erschafft Ulrich Seidl keinen ganz einfachen und erst recht nicht leicht zugänglichen Film, der den Sextourismus in Afrika anprangert und zeitgleich von der unerfüllten Liebe berichtet, die selbst mit Geld nicht zu kaufen ist. Ohne Vorkenntnisse von Seidls Werken dürfte man hiermit womöglich allzu schnell überfordert werden, obwohl es ein durchaus recht interessantes Werk darstellt.

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Copyright: Neue Visionen

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Paradies: Liebe

Länge: 121 min

Kategorie: Drama

Start: 03.01.2013

cinetastic.de Filmwertung: (7/10)

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Info

Paradies: Liebe

Paradies: Liebe

Geschrieben von Ronny Dombrowski

Länge: 121 min
Kategorie: Drama
Start: 03.01.2013

Bewertung Film: (7/10)

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